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Agent d’ingérence étrangère : Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Erinnerungspolitik : »Für manche ist auch der Kommandant von Fort Zinna ein Opfer des Stalinismus« 
    https://www.jungewelt.de/artikel/474270.erinnerungspolitik-f%C3%BCr-manche-ist-auch-der-kommandant-von-fort

    En Saxe la fondation du Land pour la commémoration des victimes des dictatures exclut les antufascistes des décisions sur le contenu de ses musées. Résultat : On accorde un tiers des surfaces aux détenus nazis sous l’occupation soviétique, un tiers aux prisonniers en RDA et un tiers aux victimes du fascisme nazi. Ce faisant la fondation ne range pas seulement les persécutions nazies et les injustices en RDA dans la même catégorie mais elle réduit d’une manière arbitraire l’importance du régime nazi pour l’histoire allemande à un tiers alors que le poids de ses crimes ses crimes dépasse largement de celui des époques suivantes.

    Suivant l’approche de la fondation du Land la plupart des nazis enfermés étaient innocents car on ne les a jamais condamné à des peines notables ou même pas du tout.

    L"association des prisonniers antifascistes refuse alors de participer aux réunions de la fondation.

    27.4.2024 von Nico Popp - Über sächsische Gedenkstättenpolitik, eine skandalöse Ausstellung in Torgau und die geschichtspolitische Gleichsetzung von Naziregime und Sowjetunion. Ein Gespräch mit Rolf Surmann

    Verbrecherische Militärjustiz: Einer der Zellenblöcke des Wehrmachtgefängnisses Fort Zinna, aufgenommen unmittelbar nach der Befreiung im April 1945

    Im März hat die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz die Zusammenarbeit mit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten beendet. Der Geschäftsführer der Stiftung, Markus Pieper, ließ sich, nachdem das Anfang April bekanntgeworden war, mit dem Angebot zitieren, man nehme den »Gesprächsfaden« jederzeit gerne wieder auf. Zumal zuletzt ein »von uns sehr begrüßter konstruktiver Dialog zwischen unserer Stiftung und der Bundesvereinigung stattgefunden« habe. Was halten Sie davon?

    Die Stellungnahme von Herrn Pieper mit dieser herausgestellten Gesprächsbereitschaft hat uns schon überrascht. Wir haben das in den vergangenen Jahren ganz anders wahrgenommen, ja im Grunde genommen genau die gegenteilige Erfahrung gemacht. Wir haben verschiedentlich Gespräche angeboten und auch mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass sie wirklich notwendig sind, um die vorhandenen Konflikte aus der Welt zu schaffen. Es gab ein Gespräch zum Thema Torgau, nach dem wir festgestellt haben, dass wir die Bereitschaft begrüßen, mit uns zu sprechen und Änderungsvorschläge zu berücksichtigen. Wir haben aber klar gesagt, dass wir weitere Gespräche für notwendig halten. Das wurde auch schriftlich festgehalten. Ich habe das in einer Beiratssitzung im vergangenen Herbst nochmals angesprochen. Und da gab es letztlich überhaupt keine Resonanz. Weder bei der Leitung in Torgau noch beim Geschäftsführer Pieper.

    Hat man auf der Seite der Stiftung nicht damit gerechnet, dass die Bundesvereinigung tatsächlich von sich aus die Zusammenarbeit beendet?

    Davon gehe ich aus. Nach dem unfreiwilligen Abgang des vorherigen Geschäftsführers ist Herr Pieper eingestellt worden, um diese Stiftung aus den ganzen Schwierigkeiten, Problemen und Skandalen, in denen sie über viele Jahre gesteckt hat, herauszuführen. Das war verbunden mit Signalen, dass sich etwas ändern würde. Und vielleicht hat man unterstellt, dass wir uns trotz der intern geäußerten Kritik mit diesem Stand vorläufig arrangieren. In gewissem Sinne hat die Stiftung ja ein grundsätzliches Interesse daran, die Bundesvereinigung einzubinden. Es ist für sie keineswegs angenehm, wenn etwa in Torgau bei Veranstaltungen die Verfolgtenorganisation nicht vertreten ist.

    In der Erklärung der Bundesvereinigung zur Beendigung der Zusammenarbeit wird auf eine Neuerung in der Arbeit des Beirats hingewiesen. Geplant ist demnach, die Mitgliedschaft einer Rotation zu unterwerfen. Was hat es damit auf sich?

    Ganz unabhängig von einem Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit unserer Bundesvereinigung, über den ich nicht spekulieren möchte, ist es ganz objektiv so, dass dieses Rotationsverfahren der Stiftung die Möglichkeit bietet, Mitglieder des Beirats, die ihr nicht genehm sind, wieder loszuwerden. Grundsätzlich zeigt sich in diesem Vorhaben aber eine strukturelle Geringschätzung der Bedeutung der Verfolgtenvertreter für die Gestaltung des Erinnerns. Der Vorschlag, wenigstens jenen Verfolgtenvertretungen eine Dauermitgliedschaft einzuräumen, deren zentrale Erinnerungsorte in Sachsen liegen, wurde abgelehnt. Unser Eindruck ist, dass diese strukturelle Schwächung der Erinnerungspolitik ihrer eventuellen Neuausrichtung unter veränderten politischen Rahmenbedingungen in die Hände spielt.

    Bemerkenswert finde ich die Feststellung in der genannten Erklärung, dass es zwischen der Stiftung und der Bundesvereinigung keine Einigkeit in der grundsätzlichen Bewertung der faschistischen Militärjustiz gibt. Wie ist das zu verstehen?

    Das ist etwas kompliziert. Seitens der Stiftung oder der Leitung in Torgau gibt es dazu keine expliziten Stellungnahmen. Man kann deren Positionierung aber aus anderweitigen Stellungnahmen ableiten. Das Hauptproblem ist unserer Ansicht nach, dass das Thema der NS-Militärjustiz und ihrer verbrecherischen Konsequenzen nicht bis zu dem Punkt einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Militärjustiz entwickelt wird. Die Leiterin in Torgau hat laut einem Zeitungsbeitrag zum Beispiel sinngemäß geäußert, eine Militärjustiz müsse anders als in der Nazizeit heute rechtsstaatlich organisiert sein. Das sei in vielen Ländern nicht der Fall. Die Bundesvereinigung ist anderer Ansicht. Sie lehnt eine Militärjustiz als Sonderjustiz grundsätzlich ab. Eine Militärjustiz schränkt die Rechte von Soldaten grundsätzlich ein, weil sie alle Fälle unter dem Gesichtspunkt militärischer Interessen verhandelt. Eine Militärjustiz entscheidet immer zugunsten des Militärs und der in dem jeweiligen Krieg vertretenen Interessen.

    Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten existiert seit 1994. Seit wann hat die Vereinigung der Opfer der NS-Militärjustiz dort mitgearbeitet?

    Wir haben von Anfang an mit der Stiftung zusammengearbeitet. Und diese Zusammenarbeit war von Anfang an von Konflikten geprägt.

    Die Konflikte ergaben sich in erster Linie aus unterschiedlichen Vorstellungen von der Konzeption der Dauerausstellung »Spuren des Unrechts« in Torgau?

    Ja. Torgau war während des Zweiten Weltkrieges so etwas wie die Zentrale der NS-Militärjustiz, die an die 30.000 Todesurteile gefällt hat, von denen über 20.000 vollstreckt wurden. Wenn Sie durch Torgau gehen, dann stoßen Sie noch heute auf Schritt und Tritt auf Gebäude, die einen Bezug dazu haben. In Torgau befanden sich das 1943 aus Berlin dorthin verlagerte Reichskriegsgericht, zwei große Militärgefängnisse – Fort Zinna und Brückenkopf –, zwei Feldstraflager und zwei Hinrichtungsstätten. Für die Bundesvereinigung stand und steht unverrückbar fest, dass eine historische Ausstellung in Torgau den Schwerpunkt auf diesen Komplex zu legen hat. Die Stiftung aber macht geltend, dass Fort Zinna, das heute eine Justizvollzugsanstalt beherbergt, von 1945 bis 1949 als Internierungslager der sowjetischen Militärverwaltung und danach als Strafgefängnis in der DDR genutzt wurde. Die Stiftung führt diese Geschichte in »drei Verfolgungsperioden« zusammen – die Nazizeit, die Zeit der sowjetischen Besatzung, die DDR –, die sie als prinzipiell gleichwertig oder gleichgewichtig ansieht. Und das hat die Bundesvereinigung immer grundsätzlich abgelehnt. Entscheidend für unseren Standpunkt ist die Ablehnung dieser Gleichsetzung und der damit stillschweigend vorgenommenen Relativierung der Verbrechen der Nazizeit.

    Woher kommt diese auf Gleichsetzung »der Diktaturen« bedachte Linie der sächsischen Gedenkstättenpolitik?

    Da muss man sich die Debatten in den Jahren nach 1990 in Erinnerung rufen. Dem 1999 beschlossenen Konzept zur Gedenkstättenförderung gingen Auseinandersetzungen über den Umgang mit unterschiedlichen Formen der Verfolgung vor und nach 1945 voraus. Hauptschauplatz dieser Auseinandersetzungen war die Gedenkstätte Buchenwald in Thüringen. Hier gab es, angefangen bei der CDU-geführten Landesregierung, massive Bestrebungen, die unterschiedlichen »Verfolgungsperioden« in einer Dauerausstellung zusammenzuführen. Das ist nicht zuletzt durch den Widerstand von Häftlingsorganisationen und wegen der dadurch drohenden Internationalisierung dieses Konflikts abgewehrt worden. Letztlich wurde für Buchenwald eindeutig entschieden, dass die Zeit des sowjetischen Speziallagers nicht auf einer Ebene und unter einem Dach mit der Geschichte des deutschen Konzentrationslagers verhandelt oder gar gleichgesetzt werden kann.

    In Sachsen lief das ein bisschen anders.

    In der sächsischen Erinnerungs- und Gedenkstättenpolitik hat sich die in der ganzen Bundesrepublik in den 90er Jahren sehr starke Tendenz zur Gleichsetzung durchgesetzt. Es ist wichtig, sich diese Verschränkung von Bundes- und Landesebene klarzumachen, um nicht den Fehler zu machen, das für ein speziell sächsisches Problem zu halten, auch wenn es sich heute in der Zuspitzung wie ein sächsischer Sonderweg darstellt. 2004 gab es den letzten koordinierten Vorstoß aus Kreisen der CDU und CSU, die in Sachsen bereits verbindliche Interpretation des »antitotalitären Konsenses« auf die gesamte Bundesrepublik zu übertragen. Als Protagonist agierte der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bürgerrechtler Günter Nooke, damals kultur- und medienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Diese sogenannte Nooke-Initiative ist gescheitert – auch, weil es zu einer partiellen Distanzierung im konservativen Lager kam. Der Antrag auf eine entsprechende Überarbeitung des Bundesgedenkstättengesetzes wurde wesentlich modifiziert.

    2004 geriet auch die sächsische Gedenkstättenstiftung ins Schlingern.

    Ja. Hier sieht man in der Rückschau sehr deutlich, dass nicht nur unsere Bundesvereinigung ein grundsätzliches Problem mit der sächsischen Linie hatte. Auslöser dieser Zuspitzung war, dass der damalige Vizevorsitzende des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, demonstrativ die Eröffnungsveranstaltung der Leipziger Buchmesse verließ, bei der die lettische Außenministerin Sandra Kalniete mit einer geschichtsrevisionistischen, die Naziverbrechen durch Gleichsetzung relativierenden Rede aufgetreten war. Für den Zentralrat und für die Organisationen der Naziverfolgten war dieser Eklat damals der Anlass, öffentlich deutlich zu machen, dass sie nicht mehr gewillt waren, mit der Kalniete-Rede vergleichbare oder deckungsgleiche Erscheinungen in der sächsischen Gedenkstättenpolitik hinzunehmen. Diese Organisationen, darunter die Bundesvereinigung, setzten die Zusammenarbeit mit der Stiftung für mehrere Jahre aus. 2004 war mit dem Scheitern der Nooke-Initiative und der Zuspitzung des Konflikts in Sachsen also ein wichtiges Jahr für die weitere Entwicklung der Erinnerungspolitik in der Bundesrepublik.

    Wie wurde dieser Konflikt reguliert?

    Durch das offene Eingreifen der sächsischen Landesregierung, die eine Überarbeitung des sächsischen Gedenkstättengesetzes mit dem Ziel der Einebnung der aufgetretenen Widersprüche in Angriff nahm. Politisch musste reagiert werden, weil der Druck zu groß geworden war. Es hatte ja nicht nur die Diskussion um die Stiftung gegeben, sondern etwa auch die Skandale um das – übrigens auch im Stiftungsrat vertretene – Dresdner Hannah-Arendt-Institut, wo man sich zum Beispiel mit der Frage beschäftigt hatte, inwieweit Widerstand gegen Hitler legitim gewesen ist.

    Die Überarbeitung des Gesetzes war ein taktischer Rückzug, um ohne Preisgabe der Grundpositionen die Wogen zu glätten?

    So würde ich das auch sehen. In dem überarbeiteten Gesetz wurde nunmehr die besondere Bedeutung der Verbrechen an den Juden hervorgehoben. Diese besondere Dimension war in dem alten Gesetz nicht benannt worden. Andere sächsische Spezifika blieben aber unverändert erhalten. Zum Beispiel der Umstand, dass in den Gremien der Stiftung Vertreter der vor 1945 Verfolgten und nach 1945 Verfolgten zur Zusammenarbeit gezwungen waren. Mit der zusätzlichen Merkwürdigkeit, dass diejenigen, die sich für die Zeit nach 1945 »zuständig« fühlen, stets ein zahlenmäßiges Übergewicht hatten. Der Vorsitzende des Beirats kam immer aus diesem Spektrum. Dieser Vorsitzende hat den Beirat dann auch im Stiftungsrat vertreten. Das wurde später ein wenig abgemildert, indem man zum Beispiel einen stellvertretenden Vorsitzenden bestimmte.

    Die partielle Überarbeitung des Stiftungsgesetzes wurde dann durch eine interessante internationale Vernetzung aufgefangen.

    Genau. Durch den gleichsam parallel vollzogenen Beitritt der Stiftung zur sogenannten Platform of European Memory and Conscience. Das ist die auf EU-Ebene agierende erinnerungspolitische Pressure Group der Visegrád-Staaten und der drei baltischen Länder, der sich aus Deutschland neben der sächsischen Gedenkstättenstiftung auch die Gedenkstätte Hohenschönhausen und die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft angeschlossen haben. In der programmatischen Deklaration der Platform ist so deutlich wie kaum irgendwo sonst die Gleichsetzung von Naziregime und Sowjetunion postuliert worden. Der um das Jahr 2010 bekundete Reformwillen der Stiftung erwies sich also als ausgesprochen doppelbödig: Manches wurde entschärft, es wurde auch beschlossen, die Ausstellung in Torgau zu überarbeiten, und gleichzeitig wurde durch den Beitritt zur Platform die alte erinnerungspolitische Linie erneut bekräftigt. In der Kommission, die das Gedenkstättenstiftungsgesetz überarbeiten sollte, habe ich auch deshalb gegen den Entwurf gestimmt.

    Wie kann man diese strukturelle Dominanz der Gleichsetzungsfraktion in Sachsen erklären?

    Das liegt daran, dass politische Vertreter dieser Richtung in Sachsen direkt nach 1990, als Posten und Einfluss in Institutionen verteilt, Institute gegründet und Lehrstühle vergeben wurden, den entscheidenden Einfluss ausübten. Es hat da nie einen intellektuellen Wettstreit gegeben. Mir ist keine einzige Programmschrift bekannt, wo das, was in Sachsen über 30 Jahre erinnerungspolitisch vertreten wurde, argumentativ begründet und gerechtfertigt worden wäre. Es wurde einfach gemacht, weil das entsprechende Personal den nötigen institutionellen Einfluss besaß. Das war eine allgemeine Tendenz in der sächsischen Politik, ohne dass mal irgendwer gesagt hätte, so, wir beschließen das jetzt. Die einzige Festlegung war im Grunde die allgemeine Verbindlichkeit der Totalitarismusdoktrin. Verkörpert hat diese Orientierung der 2020 abgelöste Geschäftsführer Siegfried Reiprich, der ja auch den Beitritt zur Platform zu verantworten hatte.

    Wie hat sich diese so beharrlich verteidigte Linie auf Torgau ausgewirkt?

    Die Gleichsetzung der drei genannten Perioden hat de facto dazu geführt, dass die Verfolgungsgeschichte der Opfer der NS-Militärjustiz, auf der laut der anfänglichen Vereinbarungen eigentlich der Schwerpunkt hätte liegen sollen, abgehandelt worden ist auf einem Drittel der Ausstellungsfläche. Das war also nicht einmal mehr eine Gleichsetzung, sondern eine regelrechte Zurücksetzung. Und vor Fort Zinna soll gemeinsam an die Verfolgten von vor und nach 1945 erinnert werden. Die Bundesvereinigung ist der Ansicht, dass man dieses Gedenken nicht ineinander übergehen lassen kann. Nach 1945 saßen dort auch sehr viele Nazitäter ein. Darunter Täter, die im Rahmen der Militärjustiz Menschen malträtiert und getötet haben. Das war für die Bundesvereinigung eine Zumutung. Die Stiftung hat den von uns verlangten expliziten Hinweis auf diese Täter in der Gedenkanlage vor Fort Zinna abgelehnt. Wir wollten dann, dass diese Täter vom Gedenken ausgeschlossen werden. Die Stiftung hat daraufhin für die entsprechende Tafel die Formulierung verwendet, dass hier an unschuldige Opfer aus der Zeit nach 1945 erinnert wird. Das Problem dabei ist, dass viele Täter in der Bundesrepublik im juristischen Sinne bis heute als unschuldig gelten. Die Militärrichter wurden nie bestraft, galten sogar als ehrenwert und haben große Nachkriegskarrieren gemacht – siehe Hans Filbinger. Und viele Urteile der DDR-Justiz gegen Nazitäter – Stichwort Waldheimer Prozesse – wurden pauschal als Unrecht aufgehoben. Da sind explizit Nazitäter formal für unschuldig erklärt worden. Es gibt Leute, für die ist auch der hingerichtete Kommandant des Wehrmachtgefängnisses Fort Zinna ein Opfer des Stalinismus.

    Und die vor fast 15 Jahren beschlossene Überarbeitung der Ausstellung wurde bis heute nicht fertiggestellt?

    So ist es. Das ist ein Skandal für sich. Jetzt soll sie im August fertig werden. Unter dem Strich ist festzuhalten: Vernünftig beteiligt waren wir nie. Ich habe mehrmals gefordert, dass die Bundesvereinigung einbezogen wird in die Überarbeitung. Unser wissenschaftlicher Beirat, dessen langjähriger Vorsitzender Manfred Messerschmidt war, verfügt in diesen Fragen über eine besondere Kompetenz. Und das ist immer abgelehnt worden. Dann wurde nach fast 15 Jahren des Werkelns an dieser Ausstellung vom Geschäftsführer im vergangenen Herbst in einer Sitzung mündlich eine vollständige Veränderung der Konzeption angekündigt, worüber wir vorher in keiner Weise informiert wurden. Wir sehen spätestens nach dieser jüngsten Erfahrung keine Chance, dass wir da in einer sachgerechten Form an den Entscheidungen beteiligt werden.

    Wie geht es für die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz jetzt weiter? Torgau bleibt ja der zentrale Erinnerungsort.

    Wir werden die Auseinandersetzung um eine angemessene Erinnerungskultur weiter führen, nur eben nicht mehr innerhalb der Stiftung. Wir wollen insbesondere auch die Frage beantworten, wie es möglich war, dass sich die beschriebene Politik in Sachsen durchsetzen konnte. Erst wenn solche und andere, damit zusammenhängende Fragen geklärt sind, gibt es wieder eine Grundlage für die Mitarbeit in den sächsischen Institutionen.

    Rolf Surmann ist Historiker und Publizist. Als Mitglied ihres wissenschaftlichen Beirats vertrat er von 2007 bis zu seinem Austritt im März 2024 die 1990 von dem ehemaligen Wehrmachtdeserteur Ludwig Baumann und einigen Mitstreitern gegründete Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e. V. im Beirat der Stiftung Sächsische Gedenkstätten

    #Allemagne #Saxe #nazis #révisionnisme_historique

  • Clara Zetkin : - Der Kampf gegen den Faschismus, Bericht auf dem Erweiterten Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale
    (20. Juni 1923)
    https://www.marxists.org/deutsch/archiv/zetkin/1923/06/faschism.htm

    Dans ce discours Clara Zetkin a formulé une bonne définition du fascism qui est toujours utile.

    Das Proletariat hat im Faschismus einen außerordentlich gefährlichen und furchtbaren Feind vor sich. Der Faschismus ist der stärkste, der konzentrierteste, er ist der klassische Ausdruck der Generaloffensive der Weltbourgeoisie in diesem Augenblick. Ihn niederzuringen ist eine elementare Notwendigkeit. Das aber nicht nur im Hinblick auf die historische Existenz des Proletariats als Klasse, die mit der Überwindung des Kapitalismus die Menschheit befreien muß; es ist auch eine Frage der Existenz jedes schlichten Proletariers, eine Frage des Brotes, der Arbeitsbedingungen und der Lebensgestaltung für Millionen und Millionen von Ausgebeuteten. Deshalb muß der Kampf gegen den Faschismus Sache des ganzen Proletariats sein. Es liegt auf der Hand, daß wir diesen tückischen Feind um so eher überwinden, je klarer und schärfer wir sein Wesen und die Auswirkungen seines Wesens erkennen. Bis jetzt ist reichliche Unklarheit über den Faschismus vorhanden gewesen. Nicht nur in den breiten Massen der Proletarier, sondern auch innerhalb ihrer revolutionären Vorhut, unter den Kommunisten. Die Meinung wurde vertreten und war früher wohl vorherrschend, daß der Faschismus nichts sei als gewalttätiger bürgerlicher Terror, und er wurde geschichtlich seinem Wesen und seiner Wirkung nach auf eine Stufe mit dem weißen Schrecken in Horthy-Ungarn gestellt. Aber obgleich die blutigen terroristischen Methoden des Faschismus und des Horthy-Regimes die gleichen sind und sich gleicherweise gegen das Proletariat kehren, ist das geschichtliche Wesen der beiden Erscheinungen außerordentlich verschieden. Der Terror in Ungarn setzte nach einem siegreichen, wenn auch kurzen revolutionären Kampfe des Proletariats ein; die Bourgeoisie hatte vorübergehend vor der Macht des Proletariats gezittert. Der Horthy-Terror kam als Rache gegen die Revolution. Der Vollstrecker dieses Racheaktes ist die kleine Kaste der feudalen Offiziere.

    Anders ist es beim Faschismus. Er ist keineswegs die Rache der Bourgeoisie dafür, daß das Proletariat sich kämpfend erhob. Historisch, objektiv betrachtet, kommt der Faschismus vielmehr als Strafe, weil das Proletariat nicht die Revolution, die in Rußland eingeleitet worden ist, weitergeführt und weitergetrieben hat. Und der Träger des Faschismus ist nicht eine kleine Kaste, sondern es sind breite soziale Schichten, große Massen, die selbst bis in das Proletariat hineinreichen. Über diese wesentlichen Unterschiede müssen wir uns klar sein, wenn wir mit dem Faschismus fertig werden wollen. Wir werden ihn nicht auf militärischem Wege allein überwinden – um diesen Ausdruck zu gebrauchen –, wir müssen ihn auch politisch und ideologisch niederringen.

    Obgleich die Auffassung, daß der Faschismus bloßer bürgerlicher Terror sei, auch von radikalen Elementen unserer Bewegung vertreten wird, berührt sie sich zum Teil mit der Auffassung der reformistischen Sozialdemokraten. Für sie ist der Faschismus nichts als Terror, Gewalt, und zwar bourgeoiser Reflex der Gewalt, die von seiten des Proletariats gegen die bürgerliche Gesellschaft ausgegangen ist oder die ihr angedroht wird. Für die Herren Reformisten spielt die russische Revolution dieselbe Rolle wie für die Bibelgläubigen der Apfelbiß im Paradies. Sie ist der Ausgangspunkt aller terroristischer Erscheinungen der Gegenwart. Als ob kein imperialistischer Raubkrieg gewesen wäre und keine Klassendiktatur der Bourgeoisie existierte! So ist auch der Faschismus für die Reformisten die Auswirkung des revolutionären Sündenfalls des russischen Proletariats. Es war kein Geringerer als Otto Bauer, der in Hamburg die Auffassung vertreten hat, daß die russischen Kommunisten und ihre Gesinnungsgenossen eine ganz besondere Verantwortung für die gegenwärtige Weltreaktion der Bourgeoisie und den Faschismus tragen. Sie haben zur Spaltung der Parteien und Gewerkschaften getrieben. Otto Bauer vergaß bei dieser kühnen Behauptung, daß die höchst harmlosen Unabhängigen sich noch vor der russischen Revolution und ihrem „sittenverderbenden“ Beispiel von den Sozialdemokraten abgespalten haben. Er erklärte weiter, an der Weltreaktion, die im Faschismus gipfelt, sei auch schuld, daß die russische Revolution das menschewistische Paradies in Georgien und Armenien zerstört habe. Als dritte Ursache der Weltreaktion sah er den „bolschewistischen Terror“ überhaupt an.

    In seinen Ausführungen mußte er allerdings dieses anerkennen: „In Mitteleuropa sind wir heute gezwungen, den Gewaltorganisationen des Faschismus Abwehrorganisationen des Proletariats gegenüberzustellen. Denn kein Appell an die Demokratie kann gegen die direkte Gewalt ausreichen.“ [1]

    Man sollte meinen, daß man aus dieser Feststellung die Schlußfolgerung ziehen müßte: Also antworten wir mit Gewalt auf Gewalt. Eine reformistische Logik geht aber ihre eigenen Wege, unerforschlich wie die Wege der himmlischen Vorsehung. Otto Bauer spinnt seinen Gedanken später so fort: „Ich spreche hier nicht von allzu großen Dingen, die nicht immer und nicht überall durchgeführt werden können ..., nicht von Insurrektionen, nicht einmal vom Generalstreik ... Die Kooperation der parlamentarischen Aktionen und der Massenaktionen außerhalb des Parlaments bietet aussichtsreiche Möglichkeiten.“ [2]

    Herr Otto Bauer offenbart uns dabei nicht das Geheimnis seines keuschen politischen Busens, welcher Art die politischen Aktionen im Parlament und erst recht außerhalb des Parlaments sein sollen. Es gibt Aktionen und Aktionen. Es gibt parlamentarische Aktionen und Massenaktionen, die von unserem Standpunkte aus bürgerlicher Dreck sind – erlauben Sie diesen Ausdruck. Andererseits kann eine Aktion innerhalb oder außerhalb des Parlaments einen revolutionären Charakter tragen. Otto Bauer hat sich über den Charakter der reformistischen Aktionen ausgeschwiegen. Und so ist das Ergebnis seiner Ausführungen über den Kampf gegen die Weltreaktion ein sehr eigenartiges. Es entpuppt sich als ein internationales Informationsbüro, das über die Weltreaktion genau berichtet. Bauer erklärte, der Kongreß werde vielfach mit Skepsis betrachtet. Falls es nicht verstanden werde, ein Nachrichtenbüro zu errichten zur Versorgung mit dem nötigen Material über die Reaktion, so wäre diese Skepsis gerechtfertigt.

    Was steckt hinter der ganzen Auffassung? Der reformistische Glaube an die Stärke, die Unerschütterlichkeit der kapitalistischen Ordnung, der bürgerlichen Klassenherrschaft und das Mißtrauen, der Kleinmut gegenüber dem Proletariat als bewußtem, unwiderstehlichem Faktor der Weltrevolution.

    Die Reformisten sehen im Faschismus den Ausdruck der Unerschütterlichkeit, der alles übertreffenden Kraft und Stärke der bourgeoisen Klassenherrschaft, der das Proletariat nicht gewachsen ist, gegen die den Kampf aufzunehmen vermessen und vergeblich ist. Es bleibt ihm so nichts anderes übrig, als still und bescheiden zur Seite zu treten, den Tiger oder Löwen der bürgerlichen Klassenherrschaft ja nicht durch den Kampf für seine Befreiung, für seine Diktatur zu reizen, kurz, auf Gegenwart und Zukunft zu verzichten und geduldig abzuwarten, ob man auf dem Wege der Demokratie und Reform ein weniges vorwärtskommen könne.

    Ich bin entgegengesetzter Ansicht und alle Kommunisten wohl mit mir. Nämlich, daß der Faschismus, mag er sich noch so kraftmeierisch gebärden, ein Ausfluß der Zerrüttung und des Zerfalls der kapitalistischen Wirtschaft und ein Symptom der Auflösung des bürgerlichen Staates ist. Nur wenn wir verstehen, daß der Faschismus eine zündende, mitreißende Wirkung auf breite soziale Massen ausübt, die die frühere Existenzsicherheit und damit häufig den Glauben an die Ordnung von heute schon verloren haben, werden wir ihn bekämpfen können. Die eine Wurzel des Faschismus ist in der Tat die Auflösung der kapitalistischen Wirtschaft und des bürgerlichen Staates. Wir finden schon Symptome für die Proletarisierung bürgerlicher Schichten durch den Kapitalismus in der Vorkriegszeit. Der Krieg hat die kapitalistische Wirtschaft in ihren Tiefen zerrüttet. Das zeigt sich nicht nur in der ungeheuerlichen Verelendung des Proletariats, sondern ebensosehr in der Proletarisierung breitester klein- und mittelbürgerlicher Massen, in dem Notstand des Kleinbauerntums und in dem grauen Elend der Intelligenz. Die Notlage der Intellektuellen ist um so größer, als in der Vorkriegszeit der Kapitalismus sich angelegen sein ließ, davon eine Überproduktion herbeizuführen. Die Kapitalisten schufen auch auf dem Gebiete der Kopfarbeit ein Massenangebot von Arbeitskräften, um damit Schmutzkonkurrenz zu entfesseln und die Löhne, pardon Gehälter, zu drücken. Gerade aus diesen Kreisen rekrutierten der Imperialismus und der imperialistische Weltkrieg viele ihrer ideologischen Vorkämpfer. Augenblicklich erleben all diese Schichten den Bankrott ihrer Hoffnungen auf den Krieg. Ihre Lage hat sich außerordentlich verschlechtert. Schlimmer als alles lastet auf ihnen das Fehlen der Existenzsicherheit, die sie in der Vorkriegszeit noch hatten.

    Ich komme zu dieser Auffassung nicht auf Grund der Verhältnisse in Deutschland, wo sich zumal die bürgerlichen Intellektuellen in einem Notstande befinden, der nicht selten größer ist als das Elend der Arbeiter. Nein, gehen Sie nach Italien! Ich werde darauf noch zu sprechen kommen, daß die Zerrüttung der Wirtschaft auch dort maßgebend dafür gewesen ist, daß sich soziale Massen dem Faschismus angeschlossen haben.

    Betrachten wir ein anderes Land, das im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten aus dem Weltkriege nicht stark erschüttert hervorgegangen ist: England. In England ist heute in der Presse und im öffentlichen Leben ebensoviel von dem Elend der vielen „neuen Armen“ die Rede wie von dem riesigen Luxus und Gewinn der wenigen „neuen Reichen“. In Amerika kündet die Farmerbewegung die steigende Notlage einer großen sozialen Schicht. In allen Ländern hat sich die Lage der Mittelschichten erheblich verschlechtert. Die Verschlechterung geht in manchen Staaten bis zur Zerreibung, zur Vernichtung dieser sozialen Schichten. In der Folge sind Tausende und Tausende vorhanden, die nach neuen Lebensmöglichkeiten, nach gesichertem Brot, nach sozialer Stellung suchen. Ihre Zahl vermehrt sich durch kleine und mittlere Beamte des Staates, der öffentlichen Dienste. Zu ihnen gesellen sich – auch in den Siegerstaaten – Offiziere, Unteroffiziere usw., die berufslos und erwerbslos geworden sind. Soziale Elemente dieser Art stellen dem Faschismus ebenfalls ein stattliches Kontingent, ein Kontingent, das besonders dafür ausschlaggebend ist, daß dieser in manchen Ländern einen ausgesprochen monarchistischen Charakter trägt. Aber wir würden das Wesen des Faschismus nicht voll erfassen, wenn wir seine Entwicklung lediglich aus dieser einen Ursache heraus betrachteten, die durch die Finanzsituation der Staaten und ihre schwindende Autorität nicht wenig verstärkt wird.

    Der Faschismus hat noch eine andere Wurzel: Es ist das Stocken, der schleppende Gang der Weltrevolution infolge des Verrates der reformistischen Führer der Arbeiterbewegung. Ein großer Teil der proletarisierten oder von der Proletarisierung bedrohten klein- und mittelbürgerlichen Schichten, der Beamten, bürgerlichen Intellektuellen hatte die Kriegspsychologie durch eine gewisse Sympathie für den reformistischen Sozialismus ersetzt. Sie erhofften vom reformistischen Sozialismus dank der „Demokratie“ eine Weltwende. Diese Erwartungen sind bitter enttäuscht worden. Die Reformsozialisten treiben eine sanfte Koalitionspolitik, deren Kosten zusammen mit den Proletariern und Angestellten die Beamten, Intellektuellen, Klein- und Mittelbürger jeder Art zahlen. Diese Schichten entbehren im allgemeinen der theoretischen, geschichtlichen, politischen Schulung. Ihre Sympathie für den Reformsozialismus war nicht tief verwurzelt. So kam es, daß sie nicht bloß den Glauben an die reformistischen Führer verloren, sondern an den Sozialismus selbst. „Uns ist von den Sozialisten versprochen worden eine Erleichterung unserer Lasten und Leiden, allerhand Schönes, eine Neugestaltung der Gesellschaft nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Demokratie“, so erklärten sie. „Aber die ganz Großen und Reichen wirtschaften und herrschen noch härter weiter als bisher.“ Zu den vom Sozialismus enttäuschten Bürgerlichen stoßen auch proletarische Elemente. Und alle diese Enttäuschten – mögen sie bürgerlicher oder proletarischer Herkunft sein – gehen noch einer wertvollen seelischen Kraft verlustig, die hoffnungsfreudig aus der düsteren Gegenwart in eine lichte Zukunft blicken läßt. Es ist das Vertrauen auf das Proletariat als die gesellschaftsumwälzende Klasse. Daß die reformistischen Führer es verraten, wiegt für die Einstellung der enttäuschten Elemente nicht so schwer wie die andere Tatsache, nämlich, daß die proletarischen Massen den Verrat dulden, daß sie das kapitalistische Joch ohne Auflehnung kampflos weitertragen, ja, sich mit härterer Pein abfinden als zuvor.

    Übrigens, um gerecht zu sein, muß ich hinzufügen, daß auch die kommunistischen Parteien – wenn ich von Rußland absehe – nicht ohne Schuld daran sind, daß es im Proletariat Enttäuschte gibt, die sich dem Faschismus in die Arme werfen. Ihre Aktionen sind oft genug nicht kraftvoll genug gewesen, ihre Aktivität nicht ausreichend, und sie erfaßten nicht tief, nicht stark genug die Massen. Ich sehe von Fehlern der Taktik ab, die Niederlagen brachten. Kein Zweifel, daß gerade manche der aktivsten, energischsten revolutionär gesinnten Proletarier nicht den Weg zu uns gefunden haben oder auf diesem Wege umgekehrt sind, weil wir ihrer Empfindung nach nicht tatkräftig, nicht aggressiv genug aufgetreten sind und weil wir nicht verstanden haben, ihnen genügend klar zum Bewußtsein zu bringen, weshalb wir unter Umständen auch eine gerechtfertigte unfreiwillige Zurückhaltung üben mußten.

    Tausendköpfige Massen strömten dem Faschismus zu. Er wurde ein Asyl für politisch Obdachlose, für sozial Entwurzelte, für Existenzlose und Enttäuschte. Und was sie alle nicht erhofften von der revolutionären Klasse des Proletariats und vom Sozialismus, das erhoffen sie als Werk der tüchtigsten, stärksten, entschlossensten, kühnsten Elemente“ aller Klassen, die zu einer Gemeinschaft zusammengefaßt werden müssen. Diese Gemeinschaft ist für die Faschisten die Nation. Sie wähnen, daß der ernste Wille, sozial ein Neues, Besseres zu schaffen, machtvoll genug sei, alle Klassengegensätze zu überbrücken, Das Mittel für die Verwirklichung des faschistischen Ideals ist ihnen der Staat. Ein starker, ein autoritärer Staat, der gleichzeitig ihr ureigenstes Geschöpf und ihr williges Werkzeug sein soll.

    Hoch über allen Parteiunterschieden und Klassengegensätzen wird er thronen und die soziale Welt nach ihrer Ideologie, ihrem Programm gestalten.

    Es liegt auf der Hand, daß nach der sozialen Zusammensetzung seiner Truppen der Faschismus auch Elemente einschließt, die der bürgerlichen Gesellschaft außerordentlich unbequem, ja gefährlich werden können. Ich gehe weiter, ich behaupte, die der bürgerlichen Gesellschaft gefährlich werden müssen, wenn sie ihr ureigenes Interesse verstehen. In der Tat! Ist dies der Fall, so müssen sie das ihrige dazu beitragen, daß die bürgerliche Gesellschaft so bald als möglich zerschmettert und der Kommunismus verwirklicht wird. Aber die Tatsachen haben trotzdem bis jetzt bewiesen, daß die revolutionären Elemente im Faschismus von den reaktionären Elementen überflügelt und gefesselt worden sind. Es wiederholt sich eine analoge Erscheinung zu anderen Revolutionen. Die kleinbürgerlichen und mittleren Schichten der Gesellschaft schwanken zuerst zwischen den gewaltigen historischen Heerlagern des Proletariats und der Bourgeoisie unschlüssig hin und her. Die Nöte ihres Lebens, zum Teil auch die beste Sehnsucht, die höchsten Ideale ihrer Seele lassen sie mit dem Proletariat sympathisieren, solange dieses nicht nur revolutionär vorgeht, sondern Aussichten auf den Sieg zu haben scheint. Gezwungen von den Massen und ihren Bedürfnissen, müssen unter dem Einflusse dieser Situation sogar die faschistischen Führer mit dem revolutionären Proletariat wenigstens kokettieren – wenn sie auch innerlich nicht mit ihm sympathisieren. Aber sobald sich zeigt, daß das Proletariat selbst darauf verzichtet, die Revolution weiterzuführen, daß es unter dem Einfluß der reformistischen Führer revolutionsscheu und kapitalistenfromm vom Kampfplatz zurücktritt, haben sich die breiten Massen der Faschisten dahin geschlagen, wo die meisten ihrer Führer von Anfang an – bewußt oder unbewußt – standen: auf die Seite der Bourgeoisie.

    Die Bourgeoisie begrüßt selbstverständlich die neuen Bundesgenossen mit Freude. Sie erblickt in ihnen einen starken Machtzuwachs, einen in ihrem Dienste zu allem entschlossenen Gewalthaufen. Die herrschgewohnte Bourgeoisie ist leider in der Beurteilung der Lage und in der Verfechtung ihrer Klasseninteressen bei weitem klüger und erfahrener als das jochgewohnte Proletariat. Sie hat von Anfang an die Situation sehr klar erfaßt und damit den Vorteil, den sie aus dem Faschismus zu ziehen vermag. Was will die Bourgeoisie? Sie erstrebt den Wiederaufbau der kapitalistischen Wirtschaft, das heißt die Erhaltung ihrer Klassenherrschaft. Unter den gegebenen Umständen hat die Verwirklichung ihres Zieles eine erhebliche Steigerung und Verschärfung der Ausbeutung und Unterdrückung des Proletariats zur Voraussetzung. Die Bourgeoisie weiß sehr wohl, daß sie allein nicht über die Machtmittel verfügt, um den Ausgebeuteten solches Los aufzuzwingen. Mit den Skorpionen des hereinbrechenden Elends gezüchtigt, fangen zuletzt auch die dickfelligsten Proletarier an, gegen den Kapitalismus zu rebellieren. Die Bourgeoisie muß sich sagen, daß unter diesen Verhältnissen auf die Dauer auch die milde, burgfriedliche Predigt der Reformsozialisten ihre einschläfernde Wirkung auf das Proletariat verlieren wird. Sie rechnet damit, daß sie das Proletariat nur noch mit Hilfe von Gewaltmitteln unterwerfen und ausbeuten kann. Aber die Machtmittel des bürgerlichen Staates beginnen teilweise zu versagen. Er büßt immer mehr die Finanzkraft und die moralische Autorität ein, seine spezifischen Sklaven in blinder Treue und Unterwürfigkeit zu binden. Die Bourgeoisie kann die Sicherheit ihrer Klassenherrschaft nicht mehr von den regulären Machtmitteln ihres Staates allein erwarten. Sie braucht dafür eine außerlegale, außerstaatliche Machtorganisation. Eine solche wird ihr gestellt durch den bunt zusammengewürfelten Gewalthaufen des Faschismus. Deshalb nimmt die Bourgeoisie nicht nur mit Kußhand die Dienste des Faschismus an und gewährt ihm weiteste Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu all ihren geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen. Sie geht weiter, sie nährt und erhält ihn und fördert seine Entwicklung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln des Geldschranks und der politischen Macht.

    Es liegt auf der Hand, daß der Faschismus in den einzelnen Ländern verschiedene Charakterzüge trägt, je nach den vorliegenden konkreten Verhältnissen. Jedoch zwei Wesenszüge sind ihm in allen Ländern eigen: ein scheinrevolutionäres Programm, das außerordentlich geschickt an die Stimmungen, Interessen und Forderungen breitester sozialer Massen anknüpft, dazu die Anwendung des brutalsten, gewalttätigsten Terrors.

    Das klassische Beispiel für die Entwicklung und das Wesen des Faschismus ist bis heute Italien. In Italien hat der Faschismus seinen Nährboden gefunden in der Zersetzung und Schwäche der Wirtschaft. Das scheint nicht zutreffend, weil ja Italien zu den Siegerstaaten gehört. Nichtsdestoweniger hatte der Krieg auch Italiens Wirtschaft aufs schwerste getroffen. Die Bourgeoisie war als Siegerin, jedoch geschlagen, aus ihm zurückgekehrt. Dafür war die wirtschaftliche Struktur und Entwicklung des Landes bestimmend. Nur in Norditalien war ein moderner Industriekapitalismus emporgekommen. In Mittelitalien und erst recht in Süditalien herrschte das Agrarkapital zum Teil noch unter feudalen Verhältnissen, mit ihm verbündet ein Finanzkapitalismus, der nicht die Höhe moderner Entfaltung und Bedeutung erklommen hatte. Beide waren nicht imperialistisch eingestellt, waten kriegsfeindlich und hatten von dem Völkermorden nichts oder nur wenig profitiert. Die nichtkapitalistische Bauernschaft hatte unter ihm furchtbar gelitten und mit ihr das städtische Kleinbürgertum und Proletariat. Wohl haben die Kapitalisten der norditalienischen künstlich aufgepäppelten Schwerindustrie fabelhafte Profite eingesäckelt. Da jedoch diese Industrie nicht bodenständig war – Italien hat weder Kohle noch Erz –, so welkte ihre Blüte bald dahin.

    Alle schlimmen Auswirkungen des Krieges brachen über Italiens Wirtschaft und Staatsfinanzen herein. Eine furchtbare Krise entwickelte sich. Industrie, Handwerk und Handel stockten, Bankrott folgte auf Bankrott, die „Banca di Sconto“ und die „Ansaldowerke“ – Schöpfungen des Imperialismus und des Krieges – krachten zusammen. Der Krieg hinterließ Hunderttausende Beschäftigung- und Brotsuchender, Hunderttausende versorgungsbedürftiger Krüppel, Witwen und Waisen. Die Krise vermehrte das Heer der Arbeit und Posten heischenden Heimkehrer durch Scharen von entlassenen Arbeitern, Arbeiterinnen und Angestellten. Eine riesige Elendswelle flutete über Italien und erreichte in der Zeit vom Sommer 1920 bis zum Frühjahr 1921 ihren Höhepunkt. Die norditalienische Industriebourgeoisie – die gewissenloseste Kriegshetzerin – war außerstande, die ruinierte Wirtschaft aufzurichten; sie verfügte nicht über die politische Macht, den Staat für ihre Zwecke zu mobilisieren. Die Regierung war aus ihrer Hand wieder an die Agrar- und Finanzkapitalisten unter Giolittis Führung zurückgefallen. Allein, auch wenn dem nicht so gewesen wäre, würde der in allen Fugen krachende Staat nicht über die Mittel und Möglichkeiten verfügt haben, Krise und Elend zu beschwören.

    Dank dieser Situation und Schritt für Schritt mit ihr konnte der Faschismus in die Halme schießen. In der Person Mussolinis wartete der prädestinierte Führer auf ihn. Mussolini war im Herbst 1914 Renegat des pazifistischen Sozialismus und mit der Losung: „Krieg oder Republik“ fanatischster Kriegstreiber geworden. In einem mit Ententegeld gegründeten Tageblatt, Popolo d’Italia, hatte er dem schaffenden Volk als Frucht des Krieges das Himmelreich auf Erden versprochen. Mit der industriellen Bourgeoisie zusammen war er durch das Blutmeer des Weltkrieges gewatet, mit ihr zusammen wollte er Italien zu einem modernen Kapitalistenstaat gestalten. Mussolini mußte Massen zu sammeln suchen, um handelnd, aktiv in die Situation einzugreifen, die seinen Prophezeiungen ins Gesicht schlug, die seinem Ziel widersprach. Nach dem Kriege, 1919, gründete er in Mailand den ersten „fascio di combattimento“, Verein von Frontkämpfern, mit dem Programm, die Existenz, das Auf- blühen der Nation zu sichern, den „Helden der Schützengräben und den Werktätigen die revolutionären Früchte des revolutionären Krieges zu sichern“. In einigen Städten entstanden Fasci. Die junge Bewegung führte von Anfang an einen erbitterten Kampf gegen die revolutionären Arbeiterorganisationen, weil diese nach Mussolinis Behauptung durch die Vertretung des Klassenkampfstandpunktes „die Nation spalteten und schwächten“. Der Faschismus kehrte seine Speere auch gegen die Regierung Giolitti, die er mit der ganzen Verantwortung für das schwarze Elend der Nachkriegszeit belud. Seine Entwicklung war zunächst langsam und schwach. Noch stemmte sich ihm das Vertrauen breiter Volksmassen zum Sozialismus entgegen. Im Mai 1920 gab es in ganz Italien erst gegen 100 Fasci, von denen kein Verein mehr als 20 bis 30 Mitglieder zählte.

    Bald konnte der Faschismus aus einer zweiten Hauptwurzel Nahrung und Kraft saugen. Die objektiv revolutionäre Lage ließ im italienischen Proletariat eine revolutionäre Stimmung entstehen. Das glorreiche Beispiel der russischen Arbeiter und Bauern war von starkem Einfluß darauf. Im Sommer 1920 kam es zur Fabrikbesetzung durch die Metallarbeiter. Hier und da, bis nach Süditalien, besetzten landwirtschaftliche Proletarier, Kleinbauern und Kleinpächter Güter oder lehnten sich in anderer Form gegen die großen Agrarier auf. Aber die große geschichtliche Stunde fand in den Arbeiterführern ein kleines Geschlecht. Die reformistischen Führer der Sozialistischen Partei schreckten revolutionsfeig davor zurück, die Fabrikbesetzung zum politischen Machtkampf auszuweiten. Sie drängten den Kampf der Arbeiter in das enge Bett einer nichts als wirtschaftlichen Bewegung, deren Führung Sache der Gewerkschaften sei, und verrieten in Seelenharmonie mit d’Aragona und anderen Autoritäten des Allgemeinen Gewerkschaftsverbandes die rebellierenden Lohnsklaven in einem schmählichen Kompromiß mit den Unternehmern, das unter hervorragender Mitwirkung der Regierung, insbesondere Giolittis, zustande kam. Die Führer des linken Flügels der Sozialistischen Partei – aus dem sich später die Kommunistische Partei herauskristallisierte – waren politisch noch zuwenig erfahren und geschult, um die Situation gedanklich und praktisch zu meistern und den Dingen eine andere Wendung zu geben. Gleichzeitig erwies sich die Unfähigkeit der proletarischen Massen, über die Führer hinauszugehen und sie vorwärtszutreiben in der Richtung der Revolution.

    Die Fabrikbesetzung endete mit einer schweren Niederlage des Proletariats, die Entmutigung, Zweifel, Kleinmütigkeit in dessen Reihen trug. Tausende Arbeiter kehrten den Partei- und Gewerkschaftsorganisationen den Rücken. Viele von ihnen sanken in Gleichgültigkeit und Stumpfsinn zurück, andere schlossen sich bürgerlichen Vereinigungen an. Der Faschismus gewann unter den Enttäuschten eine wachsende Anhängerschaft wie auch unter dem Kleinbürgertum der Städte und der bürgerlichen Bevölkerung. Er hatte ideologisch und politisch über die reformistisch verseuchte Arbeiterschaft gesiegt. Im Februar 1921 zählte man rund 1.000 Fasci. Der Faschismus gewann Massen durch scheinrevolutionäre Forderungen, die er in einer skrupellos demagogischen Agitation verfocht. Sein geschwollener Wortradikalismus wendete sich vor allem gegen die Regierung Giolittis, des „Verräters der Nation“. Gegen den zweiten „Feind“, die internationalen „vaterlandsfeindlichen“ Arbeiterorganisationen, zog der Faschismus dagegen mit Feuer und Schwert zu Felde. Mussolini forderte – seiner republikanischen, antimonarchistischen und imperialistischen Einstellung gemäß – die Absetzung der Dynastie und die Enthauptung Giolittis im buchstäblichen Sinne. Seine Gefolgschaft begann, die „antinationalen“, das heißt die klassenbewußten Arbeiterorganisationen mit aktivem, blutigem Terror zu „züchtigen“. Im Frühjahr 1921 erfolgten die ersten faschistischen „Strafexpeditionen“. Sie trafen die Landproletarier, deren Organisationssitze verwüstet und verbrannt, deren Führer ermordet wurden. Erst später dehnte sich der faschistische Terror auch auf die Proletarier der großen Städte aus. Die Staatsgewalten ließen gewähren und geschehen, ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz. Die Bourgeoisie, ob industriell oder agrarisch, begönnerte offen den terroristischen Faschismus und unterstützte ihn mit Geld und anderen Mitteln. Trotz der Niederlage der Arbeiter bei der Fabrikbesetzung fürchtete sie die künftige Machterstarkung des Proletariats. Bei den Gemeinderatswahlen hatten die Sozialisten ungefähr ein Drittel der 8.000 Kommunalverwaltungen erobert. Es galt, vorzubeugen.

    Gewiß! Die Regierung hätte damals Gründe und Machtmittel gehabt, um den Faschismus, der ihr bedrohlich auf den Leib zu rücken schien, mit Gewalt niederzuschlagen. Aber das wäre in der obwaltenden Lage auf eine Stärkung der Arbeiterbewegung hinausgelaufen. Lieber Faschisten als Sozialisten, Revolutionäre, dachte Giolitti. Der alte, schlaue Fuchs löste die Kammer auf und schrieb für Mai 1921 Neuwahlen aus. Er gründete einen „Ordnungsblock“ aller bürgerlichen Parteien und nahm die faschistischen Organisationen in diesen auf. Dem Faschismus gingen während der Wahlkampagne die wilden, republikanischen Locken aus. Die antidynastische und antimonarchistische Agitation verstummte in dem Maße, wie sieh ihm agrarische Führer und agrarische Massen anschlossen. Ihnen waren zum großen Teil die faschistischen Wahlerfolge zu danken wie die Ausdehnung und das Erstarken der Fasci, deren Zahl bis zum Mai 1921 auf rund 2.000 stieg.

    Mussolini empfand unstreitig die Gefahr, die für ihn und seine Ziele in der Überflutung des Faschismus mit agrarischen Elementen lag. Er erkannte, daß mit dem Aufhören der scheinrevolutionären, antimonarchistischen Agitation ein großer Anreiz für breite Massen verlorenging, sich dem Faschismus anzuschließen. Als die Wahlschlacht vorüber war, wollte er zu seinen Losungen von 1919 zurückkehren. In einem Interview mit dem Vertreter der Zeitung Giornale d’Italia – sie vertritt schwerindustrielle Tendenzen – erklärte er, die gewählten Faschisten würden der Eröffnung der Kammer nicht beiwohnen, denn es sei für sie unmöglich, nach der Thronrede zu rufen: „Es lebe der König!“ Die Veröffentlichung hatte die Wirkung, die Stärke des agrarischen Flügels im Faschismus zu zeigen. Einige mit Unterstützung der Fasci gewählte Abgeordnete traten den Monarchisten und Nationalisten bei. Eine Sitzung der faschistischen Abgeordneten zusammen mit den Bezirksdelegierten der Fasci sollte Stellung zu der Streitfrage nehmen. Mussolini unterlag mit seiner Forderung. Er zügelte seinen Republikanismus mit der Erklärung, wegen dieser Frage den Faschismus nicht spalten zu wollen. Seine Niederlage gab ihm den Anlaß, auf die Konstituierung des Faschismus als einer organisierten zentralisierten Partei hinzuwirken, während dieser bis dahin eine lose Bewegung gewesen war. Die Umwandlung erfolgte auf dem ersten faschistischen Kongreß im November 1921. Hatte Mussolini in der Sache gesiegt, so unter- lag er bei der Wahl der Parteileitung. Er bekam diese nicht ganz in seine Hand. Sie wurde nur zur Hälfte mit seinen persönlichen Anhängern besetzt, zur anderen Hälfte aber mit monarchistisch gesinnten Agrariern. Dieser Umstand hat seine Bedeutung. Er deutet auf jenen Gegensatz hin, der bis heute in wachsendem Maße im Faschismus besteht und zu seiner Zersetzung beitragen wird. Es ist der Gegensatz zwischen Agrar- und Industriekapital, politisch ausgedrückt: zwischen Monarchisten und Republikanern. Die Partei soll jetzt 500.000 Mitglieder zählen.

    Die Konstituierung des Faschismus als Partei genügte allein nicht, um ihm die Kraft zu verleihen, der Arbeiterklasse Herr zu werden, sie in wüsterer Fron als vorher zum Wiederaufbau und zur Fortentwicklung der kapitalistischen Wirtschaft zu zwingen. Zu diesem Zwecke bedurfte er eines zwiefachen Apparates. Eines Apparates zur Korrumpierung der Arbeiter und eines Apparates zu ihrer Niederwerfung mit bewaffneter Macht, mit terroristischen Mitteln. Der Apparat zur Korrumpierung der Arbeiterbewegung wurde geschaffen durch die Gründung der faschistischen Gewerkschaften, „nationale Korporationen“ genannt. Sie sollten planmäßig durchführen, was der Faschismus von Anfang an getan hatte: die revolutionäre Arbeiterbewegung, ja jede selbständige, eigene Arbeiterbewegung bekämpfen. Mussolini wehrt sich stets gegen die Anklage, daß er den Kampf gegen die Arbeiterklasse führt. Er versichert immer wieder und wieder, daß er die Arbeiterklasse materiell und kulturell heben und nicht zurückführen wolle „in die qualvollen Bedingungen einer sklavenhaften Existenz“. Aber all das im Rahmen der „Nation“ und, untergeordnet unter ihre Interessen, in schärfster Ablehnung des Klassenkampfes. Die faschistischen Gewerkschaften wurden zu dem ausgesprochenen Zweck gegründet, als Gegengift nicht nur gegen die revolutionären Organisationen des Proletariats zu wirken, sondern gegen jede Klassenorganisation der Proletarier überhaupt. Jede proletarische Klassenorganisation ist Mussolini und seinen Trabanten von vornherein verdächtig, eine revolutionäre Organisation zu sein. Er schuf sich seine eigenen Gewerkschaftsorganisationen. Sie vereinigen die Arbeiter, Angestellten und Unternehmer eines Berufes, einer Industrie. Die organisierten Unternehmer haben zum Teil abgelehnt, den Gewerkschaften Mussolinis beizutreten. So der Landwirtschaftsverband und der Verband der Industriellen. Sie sind jedoch ob ihrer Ketzerei von keiner faschistischen Strafexpedition zur Rechenschaft gezogen worden. Die faschistischen Strafexpeditionen erfolgen nur, wenn es sich um Proletarier handelt, die vielleicht nicht einmal in der revolutionären Bewegung stehen, aber doch kämpfen, wie ihr Klasseninteresse gebeut. Zehntausende von Arbeitern sind so gezwungen, den faschistischen Gewerkschaften beizutreten, die gegen eine Million Mitglieder umschließen sollen.

    Das faschistische Organ zur terroristischen Niederwerfung der Arbeiterklasse in Italien sind die sogenannten Geschwader. Es sind dies militärische Organisationen, die sich aus den agrarischen Strafexpeditionen heraus entwickelt haben. Die Trupps von „Strafvollziehenden“, die sich gelegentlich frei zusammenfanden, wurden zu ständigen „Organisationen“ von Unterhaltenen und Söldnern, die berufsmäßig den Terror ausüben. Die „Geschwader“ sind im Laufe der Zeit zu einer rein militärischen Macht geworden, die den Staatsstreich durchführte und auf die Mussolini als Diktator sich stützt. Nach der Machtergreifung und der Aufrichtung des faschistischen Staates wurden sie als „nationale Landesmiliz“, als Organ des bürgerlichen Staates legalisiert. Sie stehen, wie offiziell erklärt wurde, „im Dienste Gottes, der Nation und des Ministerpräsidenten“ – man beachte: nicht des Königs. Ihre Stärke wird sehr verschieden angegeben. Im Augenblick des Staatsstreiches zwischen 100.000 und 300.000 Mann, jetzt mit einer halben Million.

    Wie an der Wiege des Faschismus das Versagen, der Verrat der reformistischen Führer standen, so steht auch vor der Eroberung der Staatsgewalt durch den Faschismus ein neuer Verrat der Reformisten und damit eine neue Niederlage des italienischen Proletariats. Am 31. Juli fand eine geheime Sitzung der italienischen reformistischen Arbeiterführer statt – der gewerkschaftlichen wie der politischen, d’Aragona war dabei wie Turati –, die beschloß, durch den Allgemeinen Gewerkschaftsverband am 1. August den Generalstreik proklamieren zu lassen; einen Generalstreik, der nicht vorbereitet und nicht organisiert war. Wie die Dinge lagen, mußte er natürlich mit einer furchtbaren Niederlage des Proletariats enden. In manchen Orten setzte der Streik erst ein, als er in anderen bereits zusammengebrochen war. Es war dies eine Niederlage, ebenso groß, ebenso verhängnisvoll wie die bei der Fabrikbesetzung. Sie ermutigte die Faschisten zum Staatsstreich und entmutigte und demoralisierte die Arbeiter, so daß sie auf jeden Widerstand verzichteten, passiv, hoffnungslos alles geschehen ließen. Besiegelt wurde der Verrat der reformistischen Führer nach dem Staatsstreiche dadurch, daß Baldesi, einer der einflußreichsten Führer des italienischen Gewerkschaftsbundes und der Sozialistischen Partei, sich im Auftrage Mussolinis bereit erklärte, in die faschistische Regierung einzutreten. Der schändliche Pakt scheiterte – welche Schmach! – nicht am reformistischen Widerspruch und Protest, vielmehr am Widerstand der faschistischen Agrarier.

    Genossinnen und Genossen! Sie erkennen an diesem kurzen Überblick die Zusammenhänge, die in Italien bestehen zwischen der Entwicklung des Faschismus und der wirtschaftlichen Zerrüttung des Landes, die breite verelendete und verblendete Massen schuf; zwischen der Entwicklung des Faschismus und dem Verrat der reformistischen Führer, der die Proletarier auf den Kampf verzichten ließ. Auch die Schwäche der Kommunistischen Partei ist nicht ohne Einfluß darauf geblieben. Abgesehen von ihrer numerischen Schwäche hat sie wohl auch einen taktischen Fehler begangen, indem sie den Faschismus lediglich als eine militärische Erscheinung betrachtete und seine ideologische und politische Seite übersah. Vergessen wir nicht; daß der Faschismus in Italien, ehe er durch Akte des Terrors das Proletariat niederschlug, einen ideologischen und politischen Sieg über die Arbeiterbewegung errungen hatte und welches die Ursachen dieses Sieges waren. Es wäre sehr gefährlich, wenn wir außer acht lassen wollten, von welcher Bedeutung gerade die ideologische und politische Überwindung des Faschismus ist.

    Es liegt auf der Hand, daß der Faschismus organisatorisch und seiner äußeren Machtstellung nach nur die hier kurz skizzierte Entwicklung nehmen konnte, weil er ein Programm hatte, das von großer Anziehungskraft auf breite Massen war. Die Frage steht vor uns – und sie ist wichtig für die Proletarier aller Länder –: Was hat der Faschismus in Italien nach der Eroberung der Staatsmacht getan, um sein Programm zu verwirklichen? Welches ist der Staat, der sein Werkzeug sein soll? Hat er sich erwiesen als der verheißende partei- und klassenlose Staat, der jeder Schicht der Gesellschaft ihr Recht werden läßt, oder hat auch er sich erwiesen als ein Organ der besitzenden Minderheit und insbesondere der industriellen Bourgeoisie? Das zeigt sich am besten, wenn wir die wichtigsten Forderungen des faschistischen Programms und ihre Erfüllung einander gegenüberstellen.

    Was hatte der Faschismus politisch versprochen, als er mit wild wehendem Lockenhaar wie Simson einherstürmte?

    Eine Reform des Wahlrechts, ein konsequent durchgeführtes Proportionalwahlrecht. Was sehen wir? Das alte, unvollkommene Proportionalwahlrecht, das 1919 eingeführt wurde, soll abgeschafft und durch ein Wahlrecht ersetzt werden, das ein Spott, das blutiger Hohn auf die Idee des Proporzes ist. Die Partei, die absolut die meisten Wählerstimmen erhält, soll zwei Drittel aller Sitze In der Kammer erhalten. Es ist erst darüber gestritten worden, ob es Zwei Drittel oder gar drei Viertel der Mandate sein sollten. Nach den letzten Zeitungsnachrichten will sich der Faschismus damit begnügen, daß die stärkste Partei – das ist die faschistische – zwei Drittel erhält, das bleibende Drittel soll proportional auf die verschiedenen anderen Parteien verteilt werden. Eine nette Reform des Wahlrechtes!

    Mussolini hatte Wählbarkeit und Wahlrecht für die Frauen verheißen. Kürzlich tagte in Rom ein internationaler bürgerlicher Frauenstimmrechtskongreß. Mussolini machte den Damen ritterlich seine Aufwartung und erklärte ihnen mit süßem Lächeln, die Frauen würden das Wahlrecht erhalten, und zwar das Wahlrecht zu den Gemeinderäten. Das politische Recht soll ihnen also vorenthalten bleiben. Auch sollen bei weitem nicht alle Frauen das kommunale Wahlrecht erhalten, sondern nur die, die eine gewisse Bildungsstufe nachweisen können, ferner die „kriegsdekorierten“ Frauen und die Frauen, deren Männer einen entsprechend großen Geldsack besitzen, um bestimmte Steuern zu zahlen. So sieht die Einlösung des Versprechens aus, die Gleichberechtigung der Frauen betreffend.

    Der Faschismus hatte in seinem Programm die Abschaffung des Senats und die Schaffung eines Wirtschaftsparlaments, das neben dem politischen Parlament stehen sollte. Von einem Wirtschaftsparlament ist nicht mehr die Rede. In der ersten Ansprache aber, die Mussolini vor dem Senat hielt, dieser Rumpelkammer aller Reaktionäre, feierte er gewaltig dessen Verdienste in der Vergangenheit und erklärte, er verbürge hohe Leistungen in der Gegenwart und diese müßten maßgebend dafür sein, daß der Einfluß des Senats auf die Gesetzgebung gestärkt werde.

    Die Faschisten forderten in ihrem Programm die sofortige Einberufung einer Nationalversammlung zum Zwecke einer Verfassungsreform. Wie steht es damit? Von der Nationalversammlung wird kein Ton geredet, dagegen sieht die Verfassungsreform so aus: Die Kammer, so zusammengesetzt, wie ich hier ausgeführt habe, das heißt die Mehrheitspartei in ihr, schlägt den Ministerpräsidenten vor. Der vorgeschlagene Ministerpräsident – also solange der Faschismus die Mehrheit hat, der faschistische Ministerpräsident – muß vom König ernannt werden. Er setzt nach Belieben die Regierung zusammen, stellt sich und sein Kabinett der Kammer vor und erhält von dieser ein Vertrauensvotum, wonach das Parlament sich trollt, sich auf vier Jahre vertagt, für die ganze Zeit, für die es gewählt worden ist.

    Konfrontieren wir auch einige Versprechungen des Faschismus auf sozialem Gebiete mit der Verwirklichung. Der Faschismus hatte die gesetzliche Sicherung des Achtstundentages versprochen und die Festlegung eines Lohnminimums sowohl für die industriellen als auch die landwirtschaftlichen Arbeiter. Beantragt ist ein Gesetz über den Achtstundentag, das hundert Ausnahmen vorsieht und zum Schluß noch die Bestimmung enthält, der Achtstundentag könne auch in anderen Fällen außer Kraft gesetzt werden. Dazu besteht der Achtstundentag praktisch heute schon für breite Schichten des Proletariats nicht mehr, besonders nicht für die Eisenbahner, die Postbeamten und andere Verkehrsbeamten, für die genau nach dem Muster der Dienstordnung des „Hundsfott“-Groener [3] an Stelle der Dienstbereitschaft von acht Stunden die abgeleisteten acht Stunden tatsächlicher Arbeit stehen sollen.

    Zur Festlegung eines Lohnminimums ist zu sagen, daß dank der terroristischen Fesselung und Zerstörung der Gewerkschaften, dank des Verhaltens der burgfriedlichen faschistischen „Korporationen“ die Unternehmer in ihrem Widerstand gegen jede Lohnforderung so gekräftigt wurden, daß die Arbeiter nicht einmal imstande gewesen sind, bei der schlechten Wirtschaftskonjunktur auch nur ihre alte Entlohnung zu verteidigen. Lohnsenkungen sind erfolgt von durchschnittlich 20 bis 30 Prozent, bei sehr vielen Arbeitern aber von 50 Prozent, ja, es fehlt nicht an Fällen, wo die Lohnherabsetzung 60 Prozent beträgt.

    Es waren vom Faschismus Alters- und Invalidenversicherungen versprochen worden, die gegen die schlimmste Verelendung, die schlimmste Pein schützen sollten. Und wie wurde das Versprechen erfüllt? Es ist jener schwache Ansatz zur sozialen Fürsorge für Alte, Gebrechliche und Kranke aufgehoben worden, der in Gestalt eines Fonds von 50 Millionen Lire für diese Zwecke vorhanden war. Diese 50 Millionen Lire sind „aus Sparsamkeit“ glatt aus dem Budget gestrichen worden, so daß also jetzt die Notleidenden der Arbeit in Italien auf gar keine Fürsorge mehr zu rechnen haben. Gestrichen wurden auch im Budget die 50 Millionen Lire für Arbeitsvermittlung beziehungsweise Arbeitslosenunterstützung und 60 Millionen Lire für die Kreditinstitutionen der Genossenschaften.

    Der Faschismus hatte die Forderung erhoben, daß die Arbeiter an der technischen Leitung der Betriebe beteiligt werden sollen. Also mit anderen Worten: die Kontrolle der Produktion. Es war verheißen worden, der Faschismus werde die öffentlichen Unternehmungen der technischen Kontrolle der Betriebsräte unterstellen. Heute wird ein Gesetz erwogen, das die Institutionen der Betriebsräte überhaupt aufhebt. Außerdem sollen die öffentlichen Unternehmungen vom Staat den Privatunternehmern zur Ausbeutung ausgeliefert werden, zum Teil sind sie schon ausgeliefert worden. Die Zündholzfabrikation, bisher Monopol des Staates, ist jetzt zur Sache der privaten Profitpresserei geworden, ebenso sollen der Postpaketverkehr, der Telefonverkehr, der Radio-Telegramm-Betrieb und auch die Eisenbahnen in die Hände des Privatkapitals übergehen. Mussolini hat erklärt, daß die Faschisten „Liberale im klassischen Sinne des Wortes seien“.

    Betrachten wir einige Früchte des Faschismus auf finanziellem Gebiet. Der Faschismus wollte eine gründliche Steuerreform. Sein „autoritärer“ Staat sollte seine Macht brauchen, um eine allgemeine, progressiv stark steigende Steuer auf das Kapital durchzuführen, die teilweise sogar den Charakter der „Expropriation des Kapitals“ tragen sollte. Jetzt ist die Aufhebung verschiedener Luxussteuern erfolgt, so der Equipagensteuer, der Autosteuer usw., und das mit der Motivierung, durch eine solche Steuer werde „die nationale Produktion gehemmt und das Eigentum und die Familie zerstört“. Ferner ist eine Erweiterung der indirekten Steuern vorgesehen mit einer gleich geistreichen Begründung, nämlich, daß durch die Ausdehnung der indirekten Steuer der Konsum zurückgehen und infolgedessen der Export nach dem Auslande gefördert werde. Die Bestimmung ist aufgehoben worden, daß die Wertpapiere auf den Besitzer lauten müssen, die sogenannte Nominalität der Wertpapiere, wodurch den Steuerhinterziehern Tür und Tor offen stehen.

    Mussolini und seine Garde heischten die Beschlagnahme der Kirchengüter. Statt dessen hat die faschistische Regierung verschiedene alte, schon beseitigte Konzessionen an den Klerus wieder in Kraft treten lassen. Nachdem der Religionsunterricht seit 50 Jahren abgeschafft war, ist er durch Mussolini wieder eingeführt worden, und ein Kruzifix muß in jeder Schule hängen. So sieht der Kampf gegen den Klerus aus.

    Der Faschismus hatte gefordert, daß die Verträge des Staates über Kriegslieferungen revidiert und die Kriegsgewinne bis zu 85 Prozent für den Staat erfaßt werden müßten. Was ist geschehen? Das Parlament hatte eine Kommission eingesetzt, die die Verträge über Kriegslieferungen zu prüfen hatte. Sie sollte öffentlich in der Kammer Bericht erstatten. Hätte sie dies getan, so würden wohl die meisten Schwerindustriellen, die Gönner und Nährväter der Faschisten, auf das schwerste kompromittiert worden sein. Eine der ersten Entscheidungen Mussolinis bestand darin, daß diese Kommission nur ihm persönlich Bericht zu erstatten hat und daß mit sechs Monaten Gefängnis bestraft wird, wer etwas aus dem Bericht in die Öffentlichkeit bringt. Von der Erfassung der Kriegsgewinne schweigen alle faschistischen Flöten, dagegen wurden der Schwerindustrie bereits Milliarden für Lieferungen der verschiedensten Art bewilligt.

    Auch militärisch wollte der Faschismus ein grundlegender Neuerer sein. Er verlangte die Abschaffung des stehenden Heeres, eine kurze Dienstdauer, Einstellung des Heeres nur auf Landesverteidigung und nicht auf imperialistische Kriege usw. Wie führte er sein Programm durch? Das stehende Heer wurde nicht abgeschafft, die Dienstzeit ist von 8 Monaten auf 18 Monate erhöht worden, was einer Vermehrung des Heeres von 240.000 auf 340.000 Mann gleichkommt. Gewiß, die Guardia Regia, eine Art militärisch gerüstete und organisierte Polizei, ist abgeschafft worden. Etwa weil sie infolge ihres Eingreifens bei Kundgebungen, Streiks usw. beim Volk, zumal den Arbeitern, keineswegs beliebt war? Im Gegenteil! Sie schien Mussolini zu „demokratisch“, denn sie unterstand nicht dem Kommando des Generalstabs, sondern dem Ministerium des Innern, und Mussolini fürchtete, daß diese Truppe einmal in Konflikt mit seinen Geschwadern kommen, gegen ihn auftreten könne. Die Stärke der Guardia Regia betrug 35.000 Mann. Dafür wurde die Zahl der Carabinieri von 65.000 auf 90.000 Mann erhöht, außerdem ist die Zahl der Polizisten verdoppelt worden, sogar die der Detektiv- und Zollpolizisten.

    Außerdem hat die Regierung der Faschisten die Geschwader der „Schwarzhemden“ in eine nationale Miliz verwandelt. Ihre Stärke wurde zuerst auf 100.000 geschätzt und soll nach einer neuesten Entscheidung im Lager des Faschismus künftig sogar eine halbe Million betragen. Da in die Geschwader namentlich mit den nationalistischen „Blauhemden“ zahlreiche agrarisch-monarchistische Elemente eingedrungen sind, mußte Mussolini vor Auflehnung gegen seine Diktatur zittern. Er war vom ersten Augenblick der Entstehung der Geschwader bemüht, diese unter die politische Herrschaft der Partei, das ist unter seine Oberhoheit, zu bekommen. Er glaubte, das dadurch erreicht zu haben, daß man die Geschwader einem nationalen Generaloberkommando unterstellte, das von der Parteileitung bestimmt wurde. Aber die politische Leitung konnte die Gegensätze innerhalb der Geschwader nicht verhindern, Gegensätze, die stärker und stärker wurden, als die Nationalisten, die „Blauhemden“, in die Geschwader eintraten. Um ihren Einfluß dort zu brechen, ließ Mussolini beschließen, daß jedes Parteimitglied verpflichtet sei, in die nationale Miliz einzutreten, so daß deren Stärke jetzt gleich jener der Partei sein soll. Mussolini hoffte, auf diese Weise die ihm widerstrebenden agrarischen Elemente politisch überwinden zu können. Jedoch, indem die Parteimitglieder sich in die Miliz einreihen, werden gerade auch die politischen Gegensätze in diese hineingetragen, und sie müssen sich dort weiter entwickeln, bis sie zur Zersetzung führen.

    Die bewaffnete Macht sollte lediglich zur Verteidigung des Vaterlandes verwendet werden, so hatte es geheißen. Aber die Vermehrung des Heeres und ungeheure Rüstungen sind auf große imperialistische Abenteuer eingestellt. Die Artillerie wird außerordentlich ausgebaut, die Zahl der Berufsoffiziere wird vermehrt, eine ganz besondere Förderung erfährt die Flotte. Eine große Anzahl von Kreuzern, Torpedozerstörern, Unterseebooten usw. sind in Auftrag gegeben. Eine ganz besonders auffällige Entwicklung erfährt die Luftflotte. Es sind bereits 1.000 neue Flugzeuge in Auftrag gegeben worden, viele Flugzeugstationen wurden gegründet. Eine eigene Kommission ist eingesetzt, und Hunderte Millionen Lire sind bereits der Schwerindustrie für den Bau der allermodernsten Flugapparate und militärischen Mordwerkzeuge bewilligt worden.

    Wenn man das Programm des Faschismus in Italien mit der Erfüllung vergleicht, so tritt heute schon eines zutage: der vollständige ideologische Bankrott der Bewegung. Es ist der krasseste Widerspruch vorhanden zwischen dem, was der Faschismus verheißen hat, und dem, was er den Massen bringt. Gleich einer Seifenblase ist in der Luft der Wirklichkeit das Gerede zerstoben, daß im faschistischen Staat das Interesse der Nation über allem steht. Die „Nation“ hat sich als die Bourgeoisie enthüllt, der faschistische Idealstaat als vulgärer, skrupelloser bürgerlicher Klassenstaat. Diesem ideologischen Bankrott muß früher oder später auch der politische Bankrott folgen. Und er ist bereits im Anzuge. Der Faschismus ist außerstande, auch nur die verschiedenen bürgerlichen Kräfte zusammenzuhalten, mit deren stiller, wohlwollender Gönnerschaft er zur Macht gekommen ist. Der Faschismus wollte sich die Macht zur sozialen Neuschöpfung sichern, indem er die Herrschaft im Staate an sich riß und dessen Machtapparat seinen Zielen dienstbar machen wollte. Es ist ihm noch nicht gelungen, sich auch nur den bürokratischen Apparat voll untertänig zu machen.

    Ein scharfes Ringen ist ausgebrochen zwischen der alten, eingesessenen Bürokratie und der neuen, faschistischen Beamtenschaft. Der gleiche Gegensatz besteht zwischen dem alten, regulären Heere mit seinen Berufsoffizieren und der faschistischen Landesmiliz mit ihren neuen Führern. Es wächst der Gegensatz zwischen dem Faschismus und den bürgerlichen Parteien. Mussolini hatte den Plan, in Gestalt der faschistischen Partei eine einheitliche bürgerliche Klassenorganisation zu schaffen, ein Gegenstück zum revolutionären Proletariat. Deshalb war sein Streben darauf gerichtet, alle bürgerlichen Parteien zu zerschmettern oder zu absorbieren. Es ist ihm gelungen, eine einzige Partei zu absorbieren: die der Nationalisten. Wie wiederholt angedeutet, hat die Verschmelzung ihre zwei Seiten. Der Versuch, die bürgerlichen, liberalen, republikanischen und demokratischen Gruppen auf konservativer Grundlage zu einer Partei zusammenzufassen, endete kläglich. Umgekehrt, die faschistische Politik hat dazu geführt, daß die Überreste der bürgerlichen Demokratie sich auf ihre alte Ideologie besonnen haben. Angesichts Mussolinis Macht- und Gewaltpolitik haben sie den Kampf aufgenommen „für die Verteidigung der Verfassung und die Wiederherstellung der alten, bürgerlichen Freiheit“.

    Besonders charakteristisch für die Unfähigkeit des Faschismus, seine politische Machtposition zu behaupten und zu erweitern, ist das Verhältnis zur katholischen Volkspartei, unstreitig die größte und einflußreichste bürgerliche Partei in Italien. Mussolini hatte darauf gerechnet, es werde ihm gelingen, den rechten, agrarischen Flügel dieser Partei abzusprengen und zur Vereinigung mit den Faschisten zu bestimmen, den linken Flügel aber dadurch zu schwächen und der Auflösung preiszugeben. Es ist anders gekommen. Auf dem letzten Kongreß der popolari [4] zu Turin hat sich ein wahrer Protest gegen den Faschismus erhoben. Wer auf dem rechten Flügel den Faschismus mit Wohlwollen und Schonung behandeln wollte, wurde niedergeschrien. Dagegen fand die schärfste Kritik seiner Politik stürmische Zustimmung.

    Hinter den aufgezeigten Gegensätzen und anderen noch steht der Gegensatz der Klassen, der durch keine burgfriedliche Predigt und Organisation aus der Welt geschafft werden kann. Die Klassengegensätze sind mächtiger als alle sie leugnenden Ideologien, und diese Klassengegensätze setzen sich durch trotz des Faschismus, ja gerade dank dieses Faschismus und gegen ihn. In dem Verhalten der popolari kommt zum Ausdruck die Selbstbesinnung der größten Schichten der städtischen Kleinbürger und des Kleinbauerntums auf ihre Klassenlage und ihren Gegensatz zum Großkapital, und das ist außerordentlich wichtig für die Machtpositionen, die der Faschismus in Italien behaupten kann, mit anderen Worten, für die Auflösung, der er entgegengeht. Diese Schichten – zumal die Frauen darin – sind tief katholisch, kirchlich gesinnt. Mussolini hat deshalb alles getan, um den Vatikan zu gewinnen. Aber auch der Vatikan hat nicht gewagt, der beginnenden Rebellion der Bauernmassen in der Volkspartei gegen den Faschismus entgegenzuwirken.

    Während die Kleinbauern sehen, daß der Faschismus für die Bourgeoisie Steuererleichterung, Steuerdrückebergerei und fette Aufträge bringt, müssen sie erfahren, daß ihnen härtere Steuerlasten auferlegt werden durch indirekte Abgaben und namentlich durch eine neue Berechnung des ländlichen Einkommens. Das gleiche gilt für eile kleinbürgerlichen Massen in der Stadt. Ihre schärfste Opposition wird außerdem dadurch hervorgerufen, daß der triumphierende Faschismus den geringen Mieterschutz aufgehoben hat; der Hausbesitzer hat wieder unbeschränkte Macht, durch hohe Mieten auszubeuten. Die wachsende Rebellion der Kleinbauern und Landarbeiter kommt drastisch zum Ausdruck gerade auch dort, wo der Faschismus wähnte, durch seine Geschwader jeden Widerstand gebrochen zu haben. In Boscoreale bei Neapel zum Beispiel haben mehr als tausend Bauern das Gemeindehaus gestürmt, als Protest gegen die drückenden Steuern. In drei Orten der Provinz Novara haben die Landarbeiter ihre alten Löhne und Arbeitsbedingungen mit Erfolg gegen die Großagrarier verteidigen können, und zwar nur dadurch, daß sie mehrere Güter besetzten, und das mit Unterstützung faschistischer Geschwader. Es zeigt sich, daß der Klassenkampfgedanke in den Reihen des Faschismus selbst anfängt, Wurzel zu schlagen.

    Ganz besonders wichtig ist das Erwachen der Teile des Proletariats, die vom Faschismus berauscht und vergiftet worden waren. Dieser ist außerstande, die Interessen der Arbeiter gegen die Bourgeoisie zu verteidigen, außerstande, die Versprechen zu halten, die er namentlich den faschistischen Gewerkschaften gegeben hat. Je mehr er siegt, um so unfähiger ist er, sich als Schützer der Proletarier zu erweisen. Er kann nicht einmal die Unternehmer zwingen, die Versprechungen von den Vorteilen der gemeinsamen Organisation zu halten. Wenn in den faschistischen Gewerkschaften nur wenig Arbeiter organisiert sind, so mag es möglich sein, daß der Kapitalist diese wenigen besser stellt betreffs der Löhne. Aber dort, wo Massen in den faschistischen Organisationen zusammengeschlossen sind, wird das Unternehmertum keine Rücksichten auf den „Bruder Faschist“ nehmen, weil das zu kostspielig werden würde, und in Sachen des Geldbeutels, des Profits, hört bei den Herren Kapitalisten die Gemütlichkeit auf.

    Ganz besonders hat zu dem Erwachen der Proletarier beigetragen, daß in großem Umfange Arbeiter brotlos aufs Pflaster geflogen sind – nicht nur in Privatbetrieben, sondern auch in Staatsbetrieben. 17.000 Eisenbahner wurden bald nach dem faschistischen Staatsstreich entlassen. Weitere Entlassungen sind gefolgt und stehen in sicherer Aussicht. Die staatlichen Heereswerkstätten wurden geschlossen. 24.000 Arbeiter sind dadurch brotlos geworden, wurden den Privatbetrieben zu schrankenloser Ausbeutung ausgeliefert.

    Die leidenschaftliche Auflehnung gegen die faschistische Wirtschaftspolitik kommt gerade aus den Kreisen der faschistisch organisierten Arbeiter selbst. In Turin, in Neapel, in Triest, in Venedig, in einer großen Anzahl anderer Städte waren es die faschistischen Gewerkschaften, die allen voran sich ausnahmslos mit den Arbeitern aller Parteien, aller Organisationen zusammentaten – die kommunistischen und syndikalistischen Arbeiter inbegriffen –, um in einer großen öffentlichen Kundgebung gegen die Schließung der Werkstätten und die Entlassungen zu protestieren. Von Neapel fuhren mehrere hundert Kriegsinvaliden, die ebenfalls aus den Heereswerkstätten entlassen worden waren, nach Rom, um gegen das ihnen angetane Unrecht Einspruch zu erheben. Sie erhofften von Mussolini selbst Recht und Schutz und bekamen die Quittung für ihre Gläubigkeit in Gestalt der Verhaftung, sobald sie in Rom aus dem Zuge stiegen. Die Werftarbeiter von Monfalcone, Triest, die Arbeiter vieler Orte und Industrien, die faschistischen Organisationen angehören, sind in Bewegung geraten. Es ist in einzelnen Orten wieder zur Besetzung von Betrieben, von Fabriken gekommen, und zwar gerade durch faschistisch organisierte Arbeiter und mit wohlwollender Duldung oder Unterstützung von Geschwadern.

    Diese Tatsachen zeigen, daß dem ideologischen Bankrott der politische Bankrott folgen wird und daß es zumal die Arbeiter sein werden, die sieh rasch wieder auf ihr Klasseninteresse und ihre Klassenpflicht zurückbesinnen.

    Wir haben daraus mancherlei Schlüsse zu ziehen. Zunächst, daß wir den Faschismus nicht als eine einheitliche Erscheinung betrachten dürfen, nicht als einen „Block von Granit“, an dem all unsere Anstrengungen abprallen werden. Der Faschismus ist ein zwiespältiges Gebilde, das verschiedene gegensätzliche Elemente umschließt und sich deshalb von innen heraus zersetzen und auflösen wird. Wir müssen mit größter Energie den Kampf aufnehmen nicht nur um die Seelen der Proletarier, die dem Faschismus verfallen sind, sondern auch um die Seelen der Klein- und Mittelbürger, der Kleinbauern und der Intellektuellen, kurz, all der Schichten, die heute durch ihre wirtschaftliche und soziale Stellung in wachsenden Gegensatz zum Großkapitalismus kommen und damit zum scharfen Kampf gegen ihn.

    Es wäre aber außerordentlich gefährlich anzunehmen, daß in Italien, dem ideologischen und politischen Verfall entsprechend, rasch der militärische Zusammenbruch folgen müsse. Gewiß, – auch der militärische Zerfall und Zusammenbruch des Faschismus wird, muß kommen, aber er kann noch lange durch das Schwergewicht der verfügbaren Machtmittel hinausgezogen werden. Und während in Italien das Proletariat sich vom Faschismus loslöst und wieder bewußt, stärker, zielsicher den Kampf für seine Interessen, den revolutionären Klassenkampf für seine Freiheit aufnimmt, müssen die italienischen Genossen, die Proletarier damit rechnen, daß der ideologisch und politisch verendende Faschismus sich militärisch-terroristisch, mit der allerschonungslosesten und skrupellosesten Gewalt auf sie stürzen wird. Es gilt, bereit zu sein! Ein Ungeheuer vermag oft noch im Todeskampf vernichtende Schläge auszuteilen. Deshalb müssen die revolutionären Proletarier, die Kommunisten und die Sozialisten, die den Weg des Klassenkampfes mit ihnen gehen, noch auf schwere Kämpfe gerüstet und vorbereitet sein.

    Es wäre verkehrt, wollten wir uns durch das historische Begreifen des Faschismus zur Untätigkeit, zum Abwarten, zur Einstellung des Rüstens und des Kampfes wider ihn bestimmen lassen. Sicherlich, der Faschismus ist verurteilt, sich von innen heraus zu zersetzen, zu zerfallen. Er vermag nur vorübergehend ein Klassenkampfinstrument der Bourgeoisie zu sein, nur vorübergehend die Macht des bürgerlichen Staates gegen das Proletariat illegal oder auch legal zu stärken. Es wäre jedoch sehr verhängnisvoll, wollten wir in der Rolle von klugen und ästhetischen Zuschauern seinen Verwesungsprozeß abwarten. Umgekehrt, es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, diesen Prozeß mit allen Mitteln vorwärtszutreiben und zu beschleunigen.

    Das ist nicht nur die besondere Pflicht des Proletariats in Italien, wo sich dieser Prozeß wahrscheinlich zuerst vollziehen

    wird, sondern namentlich auch des deutschen Proletariats. Der Faschismus ist eine internationale Erscheinung, darüber sind wir uns alle einig. Nach Italien hat er bis jetzt wohl seine stärkste und festeste Position in Deutschland errungen. Hier haben der Ausgang des Krieges und das Versagen der Revolution seine Entwicklung begünstigt. Das ist erklärlich, wenn wir uns bewußt bleiben, welches die letzten Wurzeln des Faschismus sind.

    In Deutschland ist die Wirtschaft infolge des verlorenen Krieges, der Reparationslasten, des Versailler Vertrages außerordentlich zerrüttet. Der Staat ist in seinen Grundlagen erschüttert. Die Regierung ist schwach, ohne Autorität, ein Spielball in den Händen der Stinnes und Konsorten. In keinem Lande – das ist wenigstens meine Auffassung – ist der Gegensatz so groß wie in Deutschland zwischen der objektiven Reife für die Revolution und der subjektiven Unreife des Proletariats für sie infolge des Verrates, der Auffassung, des Verhaltens der reformistischen Führer. In keinem Lande hat seit Kriegsausbruch die Sozialdemokratie so schmachvoll versagt wie in Deutschland. Hier gab es eine hochentwickelte kapitalistische Industrie, hier durfte das Proletariat sich rühmen, eine gute Organisation, eine langjährige marxistische Schulung zu besitzen.

    Die englische, die französische, die österreichische sozialdemokratische Partei, alle proletarischen Organisationen, die in der II. Internationale vereinigt waren, hatten ihre Vorzüge – das können wir anerkennen. Aber die führende Partei, die Musterpartei, war die deutsche Sozialdemokratie. Ihr Versagen ist deshalb ein unverzeihlicheres, schändlicheres Verbrechen als das Versagen jeder anderen Arbeiterpartei. Jede andere kann mehr entschuldigt werden, kann mehr Gründe für ihren Bankrott bei Kriegsausbruch geltend machen als gerade die deutsche Sozialdemokratie. Der Rückschlag auf die proletarischen Massen mußte besonders stark, verhängnisvoll sein. In Verbindung mit der militärischen Zerschmetterung des deutschen Imperialismus durch den Ententeimperialismus sind deshalb hier sehr günstige Vorbedingungen dafür gegeben, daß der Faschismus stark in das Kraut schießen konnte.

    Aber es ist trotz alledem meine Überzeugung, daß der Versailler Frieden, daß die Besetzung des Ruhrgebietes mit all ihren Gewalttaten den Faschismus in Deutschland nicht so gefördert haben wie der Staatsstreich Mussolinis. Er ist solch starker Anreiz für die deutschen Faschisten gewesen wie kein anderes Ereignis. Er gab ihnen Selbstvertrauen und Siegeszuversicht. Die Überwindung, der Zusammenbruch des Faschismus in Italien würde unmittelbar die größte Entmutigung für den Faschismus in Deutschland und die größte Ermutigung für das Proletariat sein. Ganz besonders dann, wenn das Proletariat sich sagen darf: Der Faschismus in Italien, der siegreich war, der zeitweilig in der Fülle der Macht stand, ist nicht mehr, nicht nur, weil er an seinen inneren Gegensätzen zusammenbrechen mußte, nein, auch weil er verschwinden mußte kraft der starken, zielbewußten Aktion der proletarischen Massen in Italien. Diese Erkenntnis würde sich international auswirken, wie immer die Dinge in den einzelnen Ländern liegen.

    Wenn es so unsere Pflicht ist, international an die Überwindung des Faschismus in Italien unsere ganze Kraft zu setzen, so dürfen wir dabei nicht vergessen, daß die erfolgreichste Überwindung des Faschismus im Auslande immer zur Voraussetzung hat, daß wir auch den sich organisierenden Faschismus in unserem eigenen Lande mit aller Macht bekämpfen und gründlich besiegen.

    Ich habe etwas ausführlicher, wenn auch bei weitem nicht vollständig genug, die Entwicklung des Faschismus in Italien aufgezeigt, weil diese am reifsten, am klarsten und abgeschlossensten vor uns steht. Die italienischen Genossen werden meine Ausführungen vervollständigen. Ich sehe davon ab, eine Darstellung des Faschismus in anderen Ländern zu geben; sie soll Vertretern unserer Parteien aus diesen Ländern vorbehalten sein. In der Resolution, die ich vorgelegt habe, sind verschiedene Mittel dargelegt, die wir anzuwenden, verschiedene Aufgaben, die wir zu erfüllen haben, um des Faschismus Herr zu werden. Ich will nicht im einzelnen auf sie eingehen, ich glaube, sie begründen sich selbst. Ich will nur hervorheben, daß sie alle nach zwei Richtungen hingehen. Die eine Gruppe von Aufgaben zielt auf die ideologische und politische Überwindung des Faschismus ab. Diese Aufgabe ist von ungeheurer Wichtigkeit. Sie verlangt bis zu einem gewissen Grade eine Umstellung oder eine präzisere Einstellung zu bestimmten sozialen Erscheinungen, die dem Faschismus wesenseigentümlich sind, und sie verlangt höchste Aktivität. Wir müssen uns bewußt bleiben, daß, wie ich eingangs sagte, der Faschismus eine Bewegung von Hungrigen, Notleidenden, Existenzlosen und Enttäuschten ist. Wir müssen danach trachten, daß wir die sozialen Schichten, die jetzt dem Faschismus verfallen, entweder unserem Kampfe eingliedern oder sie zum mindesten für den Kampf neutralisieren. Mit aller Klarheit und Kraft müssen wir verhindern, daß sie Mannschaften stellen für die Gegenrevolution der Bourgeoisie. Soweit wir jene Schichten nicht für unsere Partei, unsere Ideale gewinnen, nicht in Reih und Glied der revolutionären proletarischen Kampfheere ziehen können, muß es uns gelingen, sie zu neutralisieren, zu sterilisieren, oder wie man sich sonst ausdrücken mag. Sie dürfen uns nicht mehr als Landsknechte der Bourgeoisie gefährlich werden. Die Voraussetzungen für unseren Erfolg sind in den Lebensbedingungen gegeben, die die Klassenherrschaft der Bourgeoisie in diesem Stadium der geschichtlichen Entwicklung für sie schafft.

    Ich lege dem die allergrößte Bedeutung bei, daß wir mit allem Zielbewußtsein, mit aller Konsequenz den ideologischen und politischen Kampf um die Seelen der Angehörigen dieser Schichten aufnehmen, die bürgerliche Intelligenz mit einbegriffen. Wir müssen uns darüber klar sein, daß hier unstreitig wachsende Massen einen Ausweg aus den furchtbaren Nöten der Zeit suchen. Dabei geht es keineswegs nur darum, den Magen zu füllen, nein, die besten Elemente von ihnen suchen einen Ausweg aus tiefer Seelennot. Sie begehren neue feste Hoffnungen, neue unerschütterliche Ideale, eine Weltanschauung, auf Grund deren sie die Natur, die Gesellschaft, ihr eigenes Leben begreifen, eine Weltanschauung, die nicht unfruchtbare Formel ist, sondern schöpferisch, gestaltend wirkt. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Gewalthaufen der Faschisten nicht ausschließlich zusammengesetzt sind aus Kriegsrohlingen, aus Landsknechtsnaturen, denen der Terror Genuß ist, aus käuflichen Lumpen. Wir finden in ihnen auch die energischsten, entwicklungsfähigsten Elemente der betreffenden Kreise. Wir müssen mit Ernst und mit Verständnis für ihre Lage und ihre brennende Sehnsucht darangehen, unter ihnen zu arbeiten und ihnen zu zeigen, daß der Ausweg für sie nicht rückwärts führt, vielmehr vorwärts, zum Kommunismus. Die gewaltige Größe des Kommunismus als Weltanschauung wird ihre Sympathien für uns gewinnen.

    Die III. Internationale ist im Gegensatz zur II. Internationale nicht nur eine Internationale für die Elite der weißen Proletarier Europas und Amerikas, sie ist die Internationale der Ausgebeuteten aller Rassen. So muß nun die Kommunistische Partei jedes Landes nicht nur die Vorkämpferin der Lohnarbeiter im engen Sinne des Wortes sein, nicht nur die Verfechterin der Interessen des Proletariats der Handarbeit, sondern auch die Vorkämpferin der Kopfarbeiter, die Führerin aller sozialen Schichten, die durch ihre Lebensinteressen, die durch ihre Sehnsucht nach einem Empor zu höherer Kultur in steigenden Gegensatz zur kapitalistischen Ordnung geraten. Ich begrüße es deshalb freudigst, daß unsere Tagung beschlossen hat, den Kampf für die Arbeiter-und-Bauern-Regierung aufzunehmen. Diese neue Losung ist nicht nur unabweisbar für die überwiegend agrarischen Länder auf dem Balkan, wie Bulgarien, Rumänien usw., sondern sie ist auch von großer Bedeutung für Italien, für Frankreich, für Deutschland und besonders für Amerika. Sie ist geradezu eine Notwendigkeit im Kampfe zur Besiegung des Faschismus. Es heißt, unter die breitesten Schichten der ausgebeuteten, schaffenden Bauern und landwirtschaftlichen Arbeiter gehen und ihnen die frohe Botschaft von dem erlösenden Kommunismus bringen. Es heißt, all den gesellschaftlichen Schichten, in denen der Faschismus Massengefolgschaft wirbt, zu zeigen, daß wir Kommunisten mit höchster Aktivität ihre Interessen im Kampfe gegen die bürgerliche Klassenherrschaft verteidigen.

    Und wir müssen noch etwas anderes tun. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, mit den Massen und für die Massen lediglich für unser politisches und wirtschaftliches Programm zu kämpfen. Gewiß, die politischen und wirtschaftlichen Forderungen drängen sich vor. Aber wie den Massen mehr bieten als die Verteidigung ihres Brotes? Wir müssen ihnen gleichzeitig den gesamten hehren, inneren Gehalt des Kommunismus als Weltanschauung bringen. Geschieht das, so wird unsere Bewegung Wurzeln fassen in allen sozialen Schichten, zumal auch unter den bürgerlichen Intellektuellen, die zufolge der geschichtlichen Entwicklung der letzten Jahre unsicher geworden sind in ihrem Denken und wollen, die die alte Weltanschauung verloren, ohne im Wirbelsturm der Zeit bereits eine neue, feste Weltanschauung gefunden zu haben. Lassen wir die suchenden nicht zu Irrenden werden.

    Wenn ich im Sinne dieser Gedankengänge sage: „Heran an die Massen!“, so sei betont, was eine Voraussetzung des Erfolges ist. Wir dürfen das Wort Goethes nicht vergessen: „Getretener Quark wird breit, nicht stark.“ Wir müssen unsere kommunistische Ideologie ganz stark, ganz klar erhalten. Je mehr wir an die Massen herantreten, um so notwendiger ist es, daß die kommunistische Partei eine organisatorisch und ideologisch festgeschlossene Einheit ist. Wir dürfen uns nicht breit, quallenartig zerfließend in die Massen aus- gießen. Das würde zum schädlichsten Opportunismus führen, und wir würden außerdem einen schimpflichen Bankrott unserer Bemühungen um die Massen erleiden. Von dem Augenblicke an, wo wir durch Konzessionen an den „Unverstand der Massen“ – neuer und alter Massen – unsere wahre Existenz als Partei aufgeben, verlieren wir das, was für die Suchenden das Wichtigste, das Bindende ist: die Flamme des neuen geschichtlichen Lebens, die leuchtet und wärmt, Hoffnung gibt und Kampfkraft.

    Was not tut, ist, daß wir unsere Methoden der Agitation und Propaganda wie unsere Literatur entsprechend den neuen Aufgaben gestalten. Wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, bleibt Mohammed nichts anderes übrig, als zum Berge zu gehen. Wenn jene neuen Massen, um die wir werben müssen, nicht zu uns kommen, müssen wir sie aufsuchen, müssen mit ihnen in einer Sprache reden, die ihrer Einstellung entspricht, ohne daß wir dabei das Geringste von unserer kommunistischen Auffassung preisgeben. Wir brauchen eine besondere Literatur für die Agitation unter den Bauern, wir brauchen eine besondere Literatur für die Beamten, Angestellten, Klein- und Mittelbürger jeder Art und wieder eine eigene Literatur für die Arbeit unter den Intellektuellen. Unterschätzen wir nicht, welche Rolle die Intellektuellen nicht nur in der Revolution, sondern auch nach der Revolution spielen können. Denken wir an die außerordentlich schädliche Sabotage der Intellektuellen in Rußland nach der Oktoberrevolution. Wir wollen von den Erfahrungen unserer russischen Brüder lernen. Deshalb müssen wir uns klar darüber sein, daß es nicht gleichgültig ist, sowohl im Augenblick der Revolution als nach ihr, ob die Intellektuellen bei uns oder gegen uns stehen.

    So legt uns der Kampf gegen den Faschismus eine außerordentliche Fülle neuer Aufgaben auf. Es ist die Pflicht jeder einzelnen Sektion der Kommunistischen Internationale, entsprechend den gegebenen konkreten Verhältnissen in ihrem Lande diese Aufgaben in Angriff zu nehmen und durchzuführen.

    Uns muß jedoch bewußt bleiben, daß die ideologische und politische Überwindung des Faschismus allein nicht genügt, um das kämpfende Proletariat vor der Gewalt und Tücke dieses Feindes zu schützen. Das Proletariat steht augenblicklich dem Faschismus gegenüber unter dem Zwang der Notwehr. Sein Selbstschutz, seine Selbstverteidigung gegen den faschistischen Terror darf nicht eine Minute vernachlässigt werden. Es geht um Leib und Leben der Proletarier, um die Existenz ihrer Organisationen. Selbstschutz der Proletarier, lautet ein Gebot der Stunde. Wir dürfen den Faschismus nicht nach dem Muster der Reformisten in Italien bekämpfen, die ihn anflehten: „Tu mir nichts, ich tue dir auch nichts!“ Nein! Gewalt gegen Gewalt! Nicht etwa Gewalt als individueller Terror – das bliebe erfolglos. Aber Gewalt als die Macht des revolutionären organisierten proletarischen Klassenkampfes.

    Den Anfang zum organisierten Selbstschutz des Proletariats gegen den Faschismus haben wir in Deutschland gemacht mit der Organisierung der Betriebshundertschaften. Wenn diese Hundertschaften ausgebaut werden und in anderen Ländern Nachahmung finden, so wird die internationale Überwindung des Faschismus gelingen. Aber proletarischer Kampf und Selbstschutz gegen den Faschismus, das besagt: Proletarische Einheitsfront ...

    [Der Faszismus fragt nicht, ob der Arbeiter im Betriebe eine weiß-blau bayrisch angestrichene Seele hat, für die schwarz-rot-goldene Bourgeois-Republik oder für das rote Banner mit Sichel und Hammer schwärmt ... Ihm genügt, daß er einen klassenbewußten Proletarier vor sich hat, und den schlägt er nieder. Deshalb müssen sich die Arbeiter ohne Unterschied der Partei und der Gewerkschaftsorganisation zum Kampfe zusammenfinden.] [A] Der Selbstschutz des Proletariats gegen den Faschismus ist eine der stärksten Triebkräfte, die zum Zusammenschluß und zur Stärkung der proletarischen Einheitsfront führen muß. Ohne Einheitsfront ist es unmöglich, daß das Proletariat die Selbstverteidigung mit Erfolg durchführt. Daher ist es notwendig, unsere Agitation in den Betrieben immer mehr auszubauen und zu vertiefen. Sie muß vor allem auch jene Gleichgültigkeit, den Mangel an Klassenbewußtsein und Solidarität in der Seele der Arbeiter überwinden, die meinen: „Die anderen mögen kämpfen und sich rühren, auf mich kommt es nicht an.“

    Wir müssen jedem einzelnen Proletarier die Überzeugung einhämmern: Auf mich kommt es auch an. Ohne mich geht es nicht. Ich muß dabei sein. Mir winkt der Sieg. – Jeder einzelne Proletarier muß fühlen, daß er mehr ist als ein Lohnsklave, mit dem die Wolken und Winde des Kapitalismus der herrschenden Gewalten spielen. Er muß fühlen, klar darüber sein, daß er ein Glied der revolutionären Klasse ist, die den alten Staat der Besitzenden umhämmert in den Staat der Räteordnung. Nur wenn wir in jedem einzelnen Arbeiter das revolutionäre Klassenbewußtsein entzünden und zur Flamme des Klassenwillens anblasen, wird es uns gelingen, auch militärisch die notwendige Überwindung des Faschismus vorzubereiten und durchzuführen. Dann mag die Offensive des Weltkapitals gegen das Weltproletariat, gestärkt durch den Faschismus, vorübergehend noch so brutal, noch so heftig sein, das Proletariat wird sie schließlich doch zurückschlagen. Mit der kapitalistischen Wirtschaft, mit dem bürgerlichen Staat, mit der Klassenherrschaft der Bourgeoisie ist es trotz des Faschismus Matthäi am letzten. Laut, eindringlich redet uns die faschistische Zerrüttungs- und Zerfallserscheinung der bürgerlichen Gesellschaft vom künftigen Sieg, wenn das Proletariat wissend und wollend in Einheitsfront kämpft. Es muß! Über dem Chaos der heutigen Zustände wird sich die Riesengestalt des Proletariats mit dem Rufe aufrecken: Ich bin der Wille! Ich bin die Kraft! Ich bin der Kampf, der Sieg! Mir gehört die Zukunft!

    (Stürmischer, lang anhaltender Beifall. Die Versammelten erheben sich und singen die Internationale.)
    Fußnote von MIA

    A. Dieser Passus fehlt in der DDR-Ausgabe der Ausgewählte Reden ...
    *
    Anmerkungen

    1. Protokoll des Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongresses in Hamburg vom 21. bis 25. Mai 1923, Berlin 1923, S.26.

    2. Ebenda, S.29.

    3. „Hundsfott“-Groener – Wilhelm Groener (1867-1939), General, 1916 stellvertretender Kriegsminister und Chef des Kriegsamtes in Preußen. Verfasser des „Hilfsdienstgesetzes“. Erließ im April 1917 einen Aufruf zur Unterdrückung der Streikbewegung, in dem er jeden Streikenden als „Hundsfott“ beschimpfte. In der Weimarer Republik Reichsverkehrsminister (1920-1923), Reichswehrminister (1928-1932) und Reichsinnenminister (1931-1932). Als Reichsverkehrsminister war er für die am 5. August 1922 herausgegebenen „Dienstdauervorschriften“ verantwortlich, die die Durchsetzung der 48-Stunden-Woche bei der Deutschen Reichsbahn verhinderten.

    4. Bezeichnung der Mitglieder der Italienischen Volkspartei (Partito popolare italiana).

    Protokoll der Konferenz der Erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationale, Moskau, 12.-23. Juni 1923, Hamburg 1923, S.204-232.
    Clara Zetkin, Ausgewählte Reden und Schriften, Bd.2, Berlin 1960, S.689-729.

    Transkription und HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.

    #fascisme

  • Deutsche Besatzung Griechenlands im Krieg: Ohne Plan, aber mit Antike
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/ohne-plan-aber-mit-antike-5218576.html

    8.6.2016 von Constantin Fellner - Mehr als zwanzig Jahre hat es gebraucht, bis das einschlägige Werk über die deutsche Besatzung in Griechenland in die Sprache der Täter von einst übersetzt wurde. Mark Mazower, Professor für Geschichte an der Columbia University, wurde in Deutschland vor allem mit seinem Essay „Der dunkle Kontinent“ (1998) sowie zuletzt mit der NS-Studie „Hitlers Imperium“ (2009) bekannt, in der er den Expansionismus des „Dritten Reichs“ in eine Kontinuität deutscher Reichsentwürfe seit dem frühen 19. Jahrhundert rückt. „Inside Hitler’s Greece“ war bereits 1993 erschienen.

    In der angelsächsischen Welt ist der brillante Stilist Mazower eine Instanz, insbesondere für die Geschichte Südosteuropas – ein traditionell eher sporadisch bestelltes Feld der deutschen Geschichtswissenschaft, obwohl gerade dort entscheidende Weichenstellungen der europäischen Geschichte vorgenommen worden, und zwar nicht nur in der Antike.
    Weder Untermenschen noch Herrenrasse

    Eine solche Weichenstellung war der deutsche Überfall auf Griechenland im April 1941, der letzte Blitzsieg Hitlers. Mazowers These lautet, wie er im Vorwort der deutschen Ausgabe schreibt, dass „alles, was in Griechenland auf den Zweiten Weltkrieg folgte – der Bürgerkrieg, die bleibenden Narben, die er hinterließ, ja sogar die Demokratisierung des Landes nach 1974 –, nur vor dem Hintergrund des totalen Zusammenbruchs von Staat und Gesellschaft zu begreifen ist, den die deutsche Besatzung und ihre tödlichen Folgen mit sich brachten“.

    So ungeplant wie der Feldzug verlief die ganze Besatzungsherrschaft, die mit der Kapitulation des Generals Georgios Tsolakoglu am 22. April 1941 begann und mit dem Rückzug der Wehrmacht aus Athen am 12. Oktober 1944 endete. Hitler hielt ursprünglich nichts von einem Balkanfeldzug. Erst der unbeholfene Einfall Mussolinis in Griechenland im Oktober 1940, der mit einer krachenden Niederlage des italienischen Bundesgenossen endete, gab den Ausschlag für das „Unternehmen Marita“, das mit der völkerrechtswidrigen Bombardierung Belgrads am 6. April 1941 beginnt und mit der Einnahme Kretas durch deutsche Fallschirmjäger im Juni endet.

    Eliteverbänden wie der SS-Leibstandarte muss sich die griechische Armee rasch geschlagen geben – was Hitler nicht daran hindert, in einer Reichstagsrede die „tapferen Griechen“ zu rühmen und die griechischen Kriegsgefangenen in die Freiheit zu entlassen.

    Hier zeigt sich bereits jene Paradoxie, die die gesamte Besatzungszeit durchzieht: Das Deutsche Reich hat für die Griechen keine Plan. Weder gelten sie als Untermenschen, noch zählen sie zur germanischen Herrenrasse. Es gibt keinen Generalplan Ost für Griechenland, dafür viel Antikenbegeisterung. Dennoch entwickelt sich die deutsche Herrschaft hier zur brutalsten des ganzen Krieges außerhalb Osteuropas.

    Es beginnt mit dem großen Hungerwinter 1941/42. Nachdem die Wehrmacht, die sich zunächst mit Italien und Bulgarien die Besetzung teilt, in großem Stil Lebensmittel und Kleidung requiriert hat, bricht in dem Agrarstaat mit seiner schon damals notorisch ineffizienten Verwaltung das Chaos aus. Hunderttausend Menschen sterben. Hinzu kommt eine extreme Inflation und die hinlänglich bekannte Plünderung der griechischen Goldreserven durch die Reichsbank.

    Rasch formiert sich Widerstand gegen die Besatzer. Legendär ist der Kampf griechischer Partisanen, die 1943/44 weite Teile des Landes im Griff haben, gegen die Besatzer – ebenso wie die 120 offiziellen Märtyrerdörfer, die an jene Massaker erinnern, die von den Deutschen als Repressalien angerichtet wurden.
    Gleichmachende Wirkung

    Kalavryta, Komneno, Distomo – unvergänglich sind die Namen dieser Stätten brutaler Vergeltungsmaßnahmen. Viel Platz widmet Mazower der „Logik von Gewalt und Terror“ – und doch wäre „Griechenland unter Hitler“ nur ein weiterer Mosaikstein in der Erzählung deutscher Schuld, träten hier nicht zwei Momente zutage, die für sich betrachtet hochaktuell sind: soziale Mobilität und wirtschaftlicher Kampf aller gegen alle.

    Die deutsche Besatzung hat auf die griechische Klassengesellschaft eine enorm gleichmachende Wirkung. Millionen Griechinnen und Griechen werden durch sie erstmals politisch sensibel – und selbstbewusst. Die kommunistische griechische Befreiungsfront und ihr militärischer Arm, die griechische Befreiungsarmee („EAM/ELAS“), kontrollieren beinahe den gesamten Widerstand.

    Die unmittelbare Folge davon ist der griechische Bürgerkrieg, der fast nahtlos an die Befreiung im Herbst 1944 anschließt und bis 1949 dauert. Mit Gewalt zwingen erst die Briten, später die Amerikaner die mehrheitlich kommunistische griechische Bevölkerung ins westliche Lager. Die Geburtsstunde des Containments schlug – und riss ins griechische Nationalbewusstsein eine schwärende Wunde, die im Zeitalter europäischer Sparvorgaben erneut aufklafft.

    Dazu kommt damals die Ausbeutungspolitik. Den Deutschen geht es in Griechenland nicht um eine planmäßige Vernichtung von Menschen wie in Polen oder den Sowjetstaaten, sondern schlicht um die Deckung des eigenen Bedarfs. Dazu lassen sie sich mit findigen griechischen Bauern auf manchen Kuhhandel ein – oder nehmen bewusst das Verhungern und die Ermordung Zehntausender in Kauf.

    Die Mittelschichtgesellschaft von heute und der Kapitalismus in einer rücksichtslosen Spielart: In gewisser Weise wird beides im Griechenland der Jahre 1941–44 vorexerziert. Die NS-Herrschaft bedeutete, im eigenen wie im fremdem Land, auch einen Modernisierungsschub. Sie zeigte aber auch – in extremer Verzerrung –, wie brutal und rücksichtslos diese Modernität sein kann.

    – Mark Mazower: Griechenland unter Hitler. Das Leben während der deutschen Besatzung 1941– 1944. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016. 528 Seiten, 29,99 Euro.

    #Allemagne #Grèce #hsitoire #nazis #guerre

  • José Ortega y Gasset, The Revolt of the masses
    https://ia803004.us.archive.org/28/items/TheRevoltOfTheMasses/The%20Revolt%20of%20the%20Masses.pdf

    Preface

    The Revolt of the Masses (Spanish: La rebelión de las masas, pronounced [la reβeˈljon de laz ˈmasas]) is a book by José Ortega y Gasset. It was first published as a series of articles in the newspaper El Sol in 1929, and as a book in 1930; the English translation, first published two years later, was authorized by Ortega. While the published version notes that the translator requested to remain anonymous, more recent editions also record that its US copyright was renewed in 1960 by a Teresa Carey, and the US Copyright Office’s published list of US copyright renewals for January 1960 gives the translator as J. R. Carey. A second translation was published in 1985 by the University of Notre Dame Press in association with W.W. Norton and Co. This translation was completed by Anthony Kerrigan (translator) and Kenneth Moore (editor). An introduction was written by novelist Saul Bellow.

    In this work, Ortega traces the genesis of the “mass-man” and analyzes his constitution, en route to describing the rise to power and action of the masses in society. Ortega is throughout quite critical of both the masses and the mass-men of which they are made up, contrasting “noble life and common life” and excoriating the barbarism and primitivism he sees in the mass-man. He does not, however, refer to specific social classes, as has been so commonly misunderstood in the English-speaking world. Ortega states that the mass-man could be from any social background, but his specific target is the bourgeois educated man, the señorito satisfecho (satisfied young man or Mr. Satisfied), the specialist who believes he has it all and extends the command he has of his subject to others, contemptuous of his ignorance in all of them. Ortega’s summary of what he attempted in the book exemplifies this quite well, while simultaneously providing the author’s own views on his work: “In this essay an attempt has been made to sketch a certain type of European, mainly by analyzing his behaviour as regards the very civilization into which he was born”. This had to be done because that individual "does not represent a new civilisation struggling with a previous one, but a mere negation ...

    There is one fact which, whether for good or ill, is of utmost importance in the public life of Europe at the present moment.

    This fact is the accession of the masses to complete social power. As the masses, by definition, neither should nor can direct their own personal existence, and still less rule society in general, this fact means that actually Europe is suffering from the greatest crisis that can afflict peoples, nations, and civilization. Such a crisis has occurred more than once in history. Its characteristics and its consequences are well known. So also is its name. It is called the rebellion of the masses. In order to understand this formidable fact, it is important from the start to avoid giving to the words “rebellion,” “masses,” and “social power” a meaning exclusively or primarily political. Public life is not solely political, but equally, and even primarily, intellectual, moral, economic, religious; it comprises all our collective habits, including our fashions both of dress and of amusement.

    Perhaps the best line of approach to this historical phenomenon may be found by turning our attention to a visual experience, stressing one aspect of our epoch which is plain to our very eyes.

    This fact is quite simple to enunciate, though not so to analyze. I shall call it the fact of agglomeration, of “plenitude.” Towns are full of people, houses full of tenants, hotels full of guests, trains full of travelers, cafes full of customers, parks full of promenaders, consulting-rooms of famous doctors fun of patients, theatres full of spectators, and beaches full of bathers. What previously was, in general, no problem, now begins to be an everyday one, namely, to find room.

    That is all. Can there be any fact simpler, more patent, more constant in actual life? Let us now pierce the plain surface of this observation and we shall be surprised to see how there wells forth an unexpected spring in which the white light of day, of our actual day, is broken up into its rich chromatic content. What is it that we see, and the sight of which causes us so much surprise? We see the multitude, as such, in possession of the places and the instruments created by civilization. The slightest reflection will then make us surprised at our own surprise.

    #philosophie #politique #conservatisme

  • Das Netzwerk des « Kampf der Nibelungen » in Berlin – zwischen „Tag X“, Organisierter Kriminalität und Hooliganismus
    https://exif-recherche.org/?p=11707


    A Berlin l’extrême droite contrôle l’accès á plusieurs clubs de nuit. Le réseau d’enquête de gauche EXIF a publié un texte approfondie dont je ne cite que le début.

    20.12.2023 - Am 6. Mai 2023 ist in der «Verti Music Hall» in Berlin, unweit der Warschauer Straße, einiges los. Breitschultrige, stark tätowierte Männer schlendern, in der Hand meist ein Bier, zwischen dem Veranstaltungsraum, dem Balkon und den Verkaufsständen hin und her. Auf dem Balkon der Event-Location wird geraucht und geredet, während auf dem Herren-WC immer wieder kleine Gruppen gemeinsam in den Kabinen verschwinden, um offenbar Kokain zu konsumieren. Der Anlass: eine Box-Gala, auf der u.a. eines der Aushängeschilder der Berliner Box-Szene in den Ring steigt. Als einer der Kämpfer, ein tätowierter Schwergewichtsboxer, ausgerufen wird, hallt es durch den Raum: „Dynamo! Dynamo!“. Sobald dieser den Saal betritt, stehen bis zu 100 Personen von ihren Plätzen auf. Schnell wird klar, dass hier jemand Besonderes in den Ring steigt. Während des Kampfes ertönen aus dem Zuschauerbereich weitere Gesänge, die eigentlich wenig mit dem Boxsport zu tun haben: „Ein Schuss, ein Tor, Dynamo!“ und „Scheiß Union!“.

    Der Boxer, der hier angefeuert wird, heißt Philip Palm. Er ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der rechten Hooliganszene Berlins. Sein Anhang besteht zum größten Teil ebenfalls aus Anhängern dieses Milieus. Einer sticht aus dieser Gruppe heraus. Er motiviert den Mob zum Singen, als dieser etwa leiser wurde. Sein Name: Michael Reinhardt, zentrale Figur des Berliner «Kampf der Nibelungen»-Teams. Wie kaum ein anderer repräsentiert Reinhardt ein Milieu und Netzwerk, welches im Folgenden umfangreich skizziert wird. In diesem finden sich Personen aus der organisierten Neonazi-Szene genauso wieder, wie rechte Hooligans und Angehörige der sogenannten «Outlaw Motorcycle Clubs». Ausgehend vom «Kampf der Nibelungen»-Team in Berlin führt die Recherche über „Ackerkämpfe“ und die Geschäftswelt des BFC Dynamo, über den lokalen Stützpunkt der Neonazi-Partei «Der III. Weg» bis in die Treffpunkte und Clubhäuser des «Hells Angels MC».

    Und obwohl das vorliegende Netzwerk nur begrenzt im öffentlichen Raum wahrnehmbar ist, streckt es seine Fühler in die verschiedensten Geschäfts- und Lebensbereiche aus: in die verschiedenen Kampfsport- und Fitnesszentren, in das Bau-und Sicherheitsgewerbe, in die (alternative) Clubkultur und selbstredend in die großen Fußballclubs der Hauptstadt.
    ...
    etc.

    #Berlin #extrême_droite

  • The Kaleidoscope of Catastrophe - On the Clarities and Blind Spots of Andreas Malm
    https://viewpointmag.com/2021/04/14/the-kaleidoscope-of-catastrophe-on-the-clarities-and-blind-spots-of-an

    La critique marxiste du capitalisme extractiviste est-elle possible ?

    14.4.2021 by Bue Rübner Hansen
    ...
    The choices that structure The Progress of this Storm root Malm’s focus on agency and action in the philosophy of science. Malm valuably steers us away from the mystifications of theories of climate change and ecological degradation that neglect capital and towards the need for urgent, intentional action. Yet his polemical stress on the catastrophe, nature/society dualism, and agency-as-will pulls us into a timeline and temporality which mirrors capitalism’s accelerating drive towards ecological destruction. This is a contest between two uprooted subjects: fossil capital and humanity. We are in a race with two finishing lines: “no extractions and no emissions” (The Progress, 227).

    On the face of it, Malm’s sharp focus on fossil fuels is salutary, as it trains our sights upon the single greatest threat to the habitability of the planet. However, fossil fuels play such a fundamental role in social reproduction today that it is doubtful they can be replaced by renewables fast enough to avoid a simultaneous and fundamental reorganisation of the reproduction and metabolism of human societies. Most obviously, fossil fuels will have to be cut so fast that a significant energy shortfall is increasingly unavoidable. In other words, constructing the problem of climate change as a problem of agency in relation to fossil capital is not wrong, but one-sided. To approach the problem of the fossil economy as a problem of action is very different from constructing it as a problem of (natural) history, ecology, or care.

    In the first preface to Capital, Marx invites us to conceive of the history of the economic formation of society as “a process of natural history”. In this process, Marx writes, individuals are bearers of class relations and interests, and the creatures rather than creators of economic processes.19 Posing the problem this way shifts attention from agency and will to more structural questions of how the reproduction of human societies can be disentangled from the reproduction of capital. Such a transformation cannot simply be willed, and natural history cannot simply be disrupted, only rearticulated. How was social reproduction disentangled from non-human life – and how may it be re-entangled? Or rather, how was the entanglement of social with natural ecologies pushed to the edges of social ecologies, so that a core was insulated from damage and afforded carelessness? Such problems will not be resolved by arriving at what Malm calls “a planful mode of production” (Corona 153), which is more likely to maintain an environmental imaginary than replace it with ecological thought, attention, and practice. To do that, we need to pay heed to and reweave networks of interdependence, beyond any clear boundaries between social and natural ecologies. Such matters raise questions of entanglement and hybridity, and the corresponding agency is more a matter of care than of will.

    Instead, Malm is focused on whatever agency is responsible for global warming and whatever agency may disrupt the production of fossil fuel. Malm’s focus on agency in terms of culpability and intentionality is filtered through his vision of history. As world history is subsumed by a unified vision of capitalist history, it becomes necessary and possible to imagine a unified concept of humanity in two senses: humanity as the unified substance of capitalist history (understood in terms of the unique human “capacity for abstraction” which Malms sees as a trait of true intentionality and a “prerequisite for capitalist property relations”; The Progress, 167), and humanity as the unified subject necessary to end fossil capital. This provides a way to imagine climate change as an epic battle between fossil capital and humanity, considered in the future tense as “a self-conscious global subject” (Corona, 174), which mirrors the global quasi-subject of capital. Malm intuits the difficulty of navigating this hall of mirrors: But “[w]here is that global subject? Who is it? Merely asking such questions is to weigh up the void in which we fumble” (Corona, 174).

    Despite such admitted ignorance, Malm treats humanity as the answer rather than the question. Or, put differently, he takes humanity for granted, and ignores the problem of anthropogenesis. That problem concerns the question of how humanity emerged as an infinitely variable species (think of the multitude of social, climatic, and ecological adaptations and inventions), and the more narrow question of how the idea of humanity as separate from nature arose. Had Malm posed the question of anthropogenesis, he would have been more hesitant to affirm the idea of humanity as separate from nature. He would, importantly, have been more sensitive to the blindspots of the idea of humanity-as-separate: what fails to be counted in this notion is those modes of cognition and activity, often cast as “indigenous” or “female”, which refuse to see themselves or act as separate from what, in a gesture of grand abstraction, is called “nature”. Put crudely, the definition of humanity as opposed to Nature, while loosely rooted in monoteistic cosmology, has only become established through the material and ideological separations produced by capitalism and colonialism

    dans https://en.m.wikipedia.org/wiki/Andreas_Malm

    #capitalisme #extractivisme #écologisme #révolution #réformisme #anthropocène #capitalicène #rechauffement_climatique #énergie #humanité

  • Sicherheitspanne im Berliner LKA : Kommissariatsleiter unterschlug riesige Geldsummen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/sicherheitspanne-im-berliner-lka-kommissariatsleiter-unterschlug-ri

    Le ripou de Berlin - un commissaire a détourné au moins € 150.000 et roulait en Porsche réquisitionné. Il avait l’autorisation de dépenser l’argent pour la protection de témoins, mais personne n’a jamais vérifié s’il avait vraiment acheté les choses pour lesquelles il présentait des factures.

    29.4.2024 von Andreas Kopietz - Der Beamte war für verdeckte Ermittler, V-Leute und Zeugenschutz zuständig und sorgte für einen bundesweiten Skandal. Berlins LKA-Chef erklärt nun, was schieflief.

    Er saß an der empfindlichsten Stelle des Berliner Landeskriminalamtes. Clemens K. leitete das Logistik-Kommissariat im LKA 65 (Zeugenschutz, verdeckte Ermittlungen, Vertrauenspersonen). Unter Legenden besorgte er konspirative Wohnungen, war zuständig für das Beschaffen von Autos, Telefonen oder Handyverträgen. Allerdings zweigte er über Jahre viel Geld für die Anschaffungen ab und soll sogar mit einem beschlagnahmten Porsche privat herumgefahren sein. Nicht nur für die Berliner Polizei, sondern bundesweit ist das ein Super-GAU, denn in dem Kommissariat geht es um strengste Geheimhaltung.

    Vor einigen Wochen wurde Clemens K. dafür vom Amtsgericht Tiergarten bestraft, die Polizei hat den mittlerweile 61-Jährigen inzwischen entlassen. Doch wie viel Steuergeld der Beamte vom Dienstgrad Erster Polizeihauptkommissar wirklich abzweigte, bleibt unklar.

    Der Leiter des Logistik-Kommissariats hätte über lange Zeit „mit ziemlich hoher krimineller“ Energie Lücken ausgenutzt, sagte der Leiter des Berliner LKA, Christian Steiof, am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Fraktion die Linke hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. „Wir müssen unabhängig von diesem Einzelfall darüber sprechen, wie die Kontrollstrukturen sind“, begründete deren innenpolitischer Sprecher Niklas Schrader.

    Immerhin soll es bei Clemens K. schon seit längerer Zeit Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben haben, wie diese Zeitung berichtete. Sie wurden zwar von Mitarbeitern gemeldet, allerdings in der Behörde ignoriert. Angeblich soll der Beamte 150.000 bis 200.000 Euro unterschlagen haben. Vor Gericht konnte ihm lediglich ein Betrag von etwa 74.000 Euro angelastet werden, für die Zeit zwischen September 2017 und August 2021: etwa für einen angeblichen Reifenwechsel, ein iPhone oder auch eine konspirative Wohnung. Mögliche andere Beträge fallen unter die Verjährungsfrist.

    Wie LKA-Chef Steiof sagt, waren die Taten möglich, weil der Kommissariatsleiter „eine gewisse Zeichnungsbefugnis“ für Anschaffungen hatte. „Die Unterschlagungen waren möglich, weil unsere Revision bei einem genehmigten Kauf von Ausrüstungsgegenständen nur prüfte, ob das Geld ausgegeben wurde, nicht, ob der Gegenstand auch erworben wurde.“
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    Das geschah laut dem LKA-Chef aus Geheimhaltungsgründen, weil ein Revisor nicht wissen durfte, welches Einsatzmittel taktischer Art für das Geld gekauft wurde. Dies sei komplett geändert worden. Jetzt finde eine Bestandsprüfung statt, auch wenn das zulasten der Geheimhaltung gehe.

    Clemens K. nutzte laut Steiof zudem Zeiten aus, in denen sein Chef, der Dezernatsleiter, der der eigentliche Prüfer und Zeichnungsbefugte war, sich im Urlaub befand. K. war Vertreter des Dezernatsleiters und in dessen Abwesenheit zeichnungsbefugt.
    Verfahren endet mit mildem Strafbefehl

    Diese Lücke wurde nach Angaben des LKA-Chefs geschlossen, weil jetzt immer ein Beamter des höheren Dienstes im LKA 65 die Prüfung vornimmt. Wenn beide nicht da sind, zeichnet die LKA-Leitung.

    Laut Christian Steiof gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann Dienstgeheimnisse verraten hat. Der Fall hatte innerhalb der Sicherheitsbehörden bundesweit für Erschütterung gesorgt. Denn Clemens K. soll unter anderem die Klarnamen verdeckter Ermittler gekannt haben – auch von solchen aus anderen Bundesländern. Im Gefängnis wäre er erpressbar.

    Weder Staatsanwaltschaft noch Polizei konnten ein Interesse daran haben, dass der Fall großes öffentliches Aufsehen erregt. So wurde darüber diskutiert, die Öffentlichkeit bei Gericht auszuschließen. Bei einer Verurteilung drohten dem ehemaligen Kommissariatsleiter bis zu vier Jahre Haft. Vor einigen Wochen erließ das Landgericht Berlin einen Strafbefehl: ein Jahr Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Öffentlich verhandelt wurde nicht.

    #Berlin #police #fraude

  • NATO starts deploying troops as Russia races to win
    https://asiatimes.com/2024/04/nato-starts-deploying-troops-as-russia-races-to-win

    Conclusion de cet article : Si Biden gagne les élections et si la Russie s’approche d’une victoire en Ukraine à la fin de l’an 2024, l’OTAN interviendra pour assurer la défaite russe. Ceci signifiera le début de la troisième guerre mondiale qui toucherait les populations de l’Europe entière.

    Est-ce qu’on peut prendre cette déscription pour réaliste ou est-ce que l’auteur néglige des faits essentiels ?

    26.4.2024 by Stephen Bryen - The plan to try and ward off disaster seems to be to fill in gaps in Ukraine’s forces by importing ‘advisors’

    NATO is starting to deploy combat troops to Ukraine. Soldiers from Poland, France, the UK, Finland and other NATO members are arriving in larger numbers.

    Although Russia says there are over 3,100 mercenaries in Ukraine, these newly arriving troops are not mercenaries. They are in uniform, home country proclaimed via insignia. They mostly are concentrated in the western part of the country, although in some cases they are close to the actual fighting in the east.

    NATO is putting out the word these are not combat soldiers but are in Ukraine to operate sophisticated western hardware. But if they are firing at the Russians the only proper way to interpret their presence is that they are playing an active part in the shooting war.

    More or less this is the same pattern that the US used when it sent “advisors” to Vietnam. In fact, they were US Special Forces who engaged in combat.

    The Biden administration, at least for public consumption, says it opposes sending NATO soldiers to Ukraine. But Biden in truth may be waiting for his reelection before he gives the order for US soldiers to fight in Ukraine. After Biden is reelected, he will have a free hand. The recent passage of the $60 billion air bill for Ukraine signals that Congress will go along with whatever the Biden administration wants to do “fighting the Russians.”

    The national security establishment fears a Russian victory in Ukraine. It would constitute a major setback in America’s security strategy and would be a blow, even a fatal one, to NATO.

    Reportedly the Russian army is now 15% bigger than it was before the Ukraine war. It is also far more experienced, and the Russians have found ways to deal with US high tech systems, such as jamming and spoofing.

    Meanwhile NATO is far behind Russia in weapons, manpower and industrial might. Furthermore, stockpiles of weapons are very low and equipment supposedly for national defense has been sent to Ukraine, leaving defenses wanting.

    The consensus opinion in the US National Security establishment is that Ukraine is losing its war with the Russians and could potentially face the collapse of its army.

    There already are reports that some brigades in the Ukrainian armed forces refused orders from their commanders. Those include the 25th Airborne Assault Brigade; the 115th Brigade; the 67th Mechanized Brigade (which abandoned positions in Chasiv Yar) and the 47th Mechanized (which demanded rotation after more than a year on the front lines). These are top Army brigades and not territorial defense units.

    The Russians know what is going on and they are targeting foreign forces while also grinding down Ukrainian fighting units, inflicting heavy casualties. The Russians say Ukraine has already lost almost 500,000 troops in the war, and the numbers destroyed in combat grow on a daily basis.

    Ukraine is desperate to find new recruits, and it is getting some help from countries where Ukrainian draft-age refugees are hiding out. Lithuania is planning to send Ukrainian draft-age men home. So is Poland.

    A report on training of Ukrainian F-16 pilots also is revealing. According to some of the western officers working with the Ukrainians, progress even after a year teaching pilots to operate F-16s has been less than a success. Language barriers and unfamiliarity with western systems and combat tactics, has proven to slow the learning process. Rumors have it that when the F-16s finally begin arriving in Ukraine this summer, the planes are likely to be handled by “retired” pilots from European air forces.

    NATO’s plan to try and ward off disaster seems to be to fill in gaps in Ukraine’s forces by importing “advisers,” waiting for the US to commit its army to the battle after the election in November. The Russians know this and are in a race to try and collapse Ukraine’s army before Biden returns to office, if in fact he does. If the Russians are successful, a bigger war in Europe will be avoided. If not, with the introduction of US forces, Europe will be plunged into World War III.

    Stephen Bryen served as staff director of the Near East Subcommittee of the Senate Foreign Relations Committee and as a deputy undersecretary of defense for policy.

    #guerre #impérialisme #OTAN #Russie #Europe

  • “These Thankless Deserts” - Winston Churchill and the Middle East : An Introduction
    https://winstonchurchill.org/publications/finest-hour/finest-hour-196/churchill-and-the-middle-east-an-introduction
    Voici le point de vue de la société Winston Churchill. A noter : La Déclaration Balfour de 1917 était le résultat d’une intrigue de Dr. Chaim Weizmann

    Wikipedia nous informe que
    https://fr.wikipedia.org/wiki/D%C3%A9claration_Balfour_de_1917#Contexte_strat%C3%A9gique_internation

    Dès 1903 Herzl avait obtenu une lettre officielle du Foreign Office déclarant que la Grande-Bretagne acceptait un accord sur la création d’une colonie juive sous administration juive, document que Yoram Hazony juge « surpassant même la Déclaration Balfour ».
    ...
    Hazony (2007), p. 180 : « Lord Landsdowne est prêt à envisager favorablement ... un projet dont les caractéristiques principales sont l’octroi d’un vaste territoire, la nomination d’un responsable juif à la tête de l’administration (ayant) carte blanche en matière d’administration municipale, religieuse et purement intérieure » (voir lettre de Sir Clement Hill (en) à Leopold Greenberg (en), 14 août 1903. Repris in Die Welt, 29 août 1903)..

    Churchill étant proche des sionistes travaillait depuis ce moment et jusqu’à la fin de sa vie en faveur de la colonisation juive d’une partie du territoire arabe sous mandat britannique. L’article contient quelques éléments qui ont pu le motiver à prendre cette position.

    10.7.2023 by David Freeman - Finest Hour 196, Second Quarter 2022

    During the First World War, the United Kingdom went to war against the Ottoman Empire, which had allied itself with the Central Powers of Germany and the Austro-Hungarian Empire. The Ottoman Empire traced its origins and its name back to the thirteenth-century Turkish Sultan Osman I.

    Although once a great power controlling large sections of Europe, Africa, and Asia, the Ottoman Empire by the twentieth century had become known as the “sick man of Europe” and was much reduced in size. Nevertheless, the Turks still controlled nearly all of the lands of Arabia, including the Moslem Holy Cities of Mecca and Medina. For centuries, the office of Sultan had been combined with that of the Caliph, the spiritual leader of the Moslem world.

    All of this came to an end with Turkish defeat in the Great War. In 1915, the British attempted a quick thrust at the Ottoman capital of Constantinople (now known as Istanbul) with a plan strongly supported by First Lord of the Admiralty Winston Churchill. The Dardanelles (or Gallipoli) campaign ended in failure. The British then turned to attacking the Turks from further out, along the frontiers of Arabia.

    In control of Egypt since 1882, the British used the ancient land to launch an offensive against Gaza, which lay in Turkish-controlled Palestine near the Sinai border with Egypt. At the same time, the British opened talks with Emir Hussein ibn Ali Al-Hashimi, the Sharif of Mecca. The Sharifate included Mecca and Medina, both located in the western regions of Arabia known as the Hejaz. Although an Arab, Hussein served the Turks, his title of Sharif indicating descent from the Prophet Mohammad.

    In 1916, the British induced Hussein to declare independence and establish himself as King of the Hejaz. In doing this, the British hoped to bring down the Ottoman Empire from within and minimize the resources they would need to commit to the region. The “Arab Revolt,” however, failed to attract the sort of support for which the British had been hoping.

    Much more powerful among the Arabs than Hussein was Abdul Aziz ibn Saud, the dominant chieftain in the Nejd, the large, barren region of eastern Arabia. Ibn Saud was much more concerned with defeating his chief rival in the Nejd than making war against the Turks. And so, in the end, the British had to do most of their own fighting in the Middle East, using forces from Britain, India, South Africa, Australia, and New Zealand.

    Hussein had several sons. Of these, the one who worked most closely with the British during the war was Feisal, known variously as “Emir Feisal” and, after his father proclaimed himself king, “Prince Feisal.” In return for Arab support, the British made ambiguous promises about supporting the creation after the war of independent states, including the region of Palestine, which was vaguely understood to be the land around the Jordan River.

    In the search for victory, however, the British also made promises in other directions. In 1916, Britain and France entered into an agreement that became known as the Sykes-Picot Treaty. The two imperial powers decided to carve up the Arab lands once the Turks were defeated. The French would take the northern regions of Syria and Lebanon, which might include Mosul and parts of Palestine, but which would definitely include Damascus. The British would take most of Palestine and Mesopotamia.

    In 1917, the British entered into yet another potentially conflicting agreement. Even before 1914, the World Zionist Congress had begun to establish new settlements in Palestine, the ancient homeland of the Jewish people. During the war, Dr. Chaim Weizmann, a naturalized British citizen and a research chemist, provided vital assistance to the war effort as Director of the British Admiralty Laboratories (see FH 195). Weizmann skillfully used his influence to induce the British government to issue the Balfour Declaration, a letter from Foreign Secretary Arthur Balfour to Lord Rothschild pledging support for the establishment “in Palestine for a national home for the Jewish people.”
    Churchill and the Middle East
    British map appended to 1921 Cabinet Memorandum showing proposed Mandates

    In the final year of the war, British forces made major progress against the Turks. Starting from Basra, at the head of the Persian Gulf, the British swept up the valley of Mesopotamia and captured Baghdad. Under the leadership of Gen. Sir Edmund Allenby, the British Army finally took Gaza and pushed through to Jerusalem. In the interior, meanwhile, Arab forces carried out a guerrilla campaign against the Turks, assisted to a degree by a young archaeologist turned intelligence officer turned commando, T. E. Lawrence (see FH 119).

    In the fall of 1918, the Ottoman Empire finally collapsed. Turkish forces remaining in Arabia hastily retreated, creating a vacuum. The Allies had not anticipated this, and Feisal seized the opportunity to establish himself in Damascus with the intention of ruling a new kingdom from the world’s oldest continually inhabited city. The French, however, insisted on their “rights” under the Sykes-Picot agreement, and the British had to acquiesce on the grounds that amity with the French was more important to the United Kingdom than amity with the Arabs.

    The French, however, were not to be altogether satisfied. President Wilson of the United States insisted that the Allies were to gain no territory from the defeated Central Powers. Instead the former colonies of Germany and Turkey would come under the authority of the League of Nations, which would assign the various territories to member states with a “mandate” to assist the native populations towards self-government. At least in theory, French and British authority in the Middle East was supposed to be only temporary.

    For the most part, the British were anxious to exit their mandates as soon as possible. British forces in Mesopotamia were made unwelcome by the locals, who were also bitterly divided against one another. Chaos prevailed, and British troops were regularly ambushed and killed in what Churchill called “these thankless deserts.” The cost of military operations became a primary concern to Churchill after the Armistice, when he became Secretary of State for War and was told by Prime Minister David Lloyd George that his paramount responsibility had to be reduction of expenditure.

    By 1920, Churchill came to believe that reducing military spending in the Middle East required the establishment of an Arab Department within the Colonial Office, which could work to settle the grievances of the Arabs and thereby reduce hostilities in the region. He lamented the price in blood and treasure that Britain was paying to be “midwife to an ungrateful volcano” (see FH 132). After Lloyd George agreed to Churchill’s proposal, the Prime Minister invited his War Secretary to move to the Colonial Office and supervise the settlement process himself.

    Churchill became Secretary of State for the Colonies early in 1921 and immediately called for a conference to take place in Cairo that March. Altogether forty key people involved with Britain’s Middle Eastern affairs gathered for what Churchill jestingly called a meeting of the “forty thieves.” Out of this emerged what became known as the “Sharifian” solution.

    Hussein would continue to be recognized as King of the Hejaz. His son Feisal, driven from Damascus by the French, would be set up in Baghdad as King of Iraq, as Mesopotamia was formally renamed. Palestine would be divided along the line of the Jordan. The eastern side, or “Trans-Jordania” (later shortened to Jordan), would become an Arab kingdom under Feisal’s elder brother Abdullah. Churchill argued that the advantage of this would be that pressure applied in any one of the three states would also be felt in the other two. Ibn Saud, to keep the peace, would be given a healthy subsidy by the British government.

    The western side of Palestine remained under British mandate authority so as to fulfill the pledge made by the Balfour Declaration. Although the Arabs of Palestine (i.e., the Palestinians) protested against this, Churchill curtly rejected their representations during a visit to Jerusalem after the Cairo Conference ended. Churchill did not foresee Jewish immigration overtaking the Palestinian population and naively believed that the two groups, along with Arab Christians, would work together to create a peaceful, prosperous, secular Palestinian state. Churchill was not always right.

    In June 1921, Churchill made a lengthy speech to the House of Commons in which he outlined his settlement and the reasons behind it (see p. 38). This would be the longest statement Churchill ever made about the Middle East and its peoples. Over the following year and a half, he supervised the implementation of the decisions made at Cairo and approved by Parliament. The process was not without incident—Feisal was in a precarious position in Baghdad and constrained to demonstrate his independence—but went generally according to plan before Churchill and his Liberal party were driven from power late in 1922.

    Churchill’s most dedicated period of involvement with the Middle East ended with his tenure at the Colonial Office, but he continued to monitor events. The short-lived Kingdom of Hejaz ended when it was overrun in 1924 by the forces of ibn Saud, who unified the region with the Nejd to create the Kingdom of Saudi Arabia. Hussein went into exile, later to be buried in Jerusalem. After returning to Parliament as a Conservative, Churchill remained a supporter of Zionism and strongly objected when the government of Neville Chamberlain acted to restrict Jewish immigration into Palestine, even as Nazi Germany was forcing Jews in Europe to flee for their lives.

    During the Second World War, the Middle East became a critical zone for the Allies. The Suez Canal linked Britain with India and the Antipodes, and Egypt was a base from which to fight the Axis powers directly when first Italy and then Germany began offensive operations in North Africa. As Prime Minister, Churchill travelled to Cairo several times during the war. In 1945 it was where he last met with President Roosevelt and first met with ibn Saud. After a cabal of pro-fascist army officers seized control of the government in Baghdad in 1941, Churchill supported a bold and successful move to reestablish an Iraqi government friendly to Britain.

    Although out of office when Israel declared independence in 1948, Churchill expressed the view to his old friend and fellow Zionist Leo Amery that it was “a big event…in history” and “all to the good that the result has come about by fighting” (see FH 178). It also pleased Churchill that Weizmann became the first President of Israel and that the nation’s leading technical university chose to name its auditorium for the former British Prime Minister who had supported Zionism at a crucial moment (see FH 195).

    One hundred years on, the decisions that Churchill made about the Middle East continue to affect the world today.

    #Grande_Bretagne #Empire_ottoman #Palestine #histoire #impérialisme #Déclaration_Balfour #Conférence_du_Caire_1943 #Égypte #Iraq #Mésopotamie #Moyen-Orient #Lawrence_d_Arabie #Israel

    • April 26, 2023
      Winston Churchill’s 1922 White Paper for Palestine
      Finest Hour 196, Second Quarter 2022
      Page 32 - By Sarah Reguer
      https://winstonchurchill.org/publications/finest-hour/finest-hour-196/we-tender-our-most-grateful-thanks/?highlight=Dr.+Chaim+Weizmann

      (...) At the end of 1921 Churchill did act on issues connected with the Palestine garrison, but High Commissioner Samuel kept writing about the need for a clear political policy, since the political status was still not regularized by a formal document, either a British one or one from the League of Nations.

      Memoranda arrived from Samuel, from leading members of the Colonial Office’s advisory board, from Dr. Chaim Weizmann, president of the World Zionist Organization, and from the Arab delegation. On 11 August, Churchill wrote an introduction to a Palestine memorandum that was not very encouraging nor optimistic. “The situation in Palestine causes me perplexity and anxiety,” he began.1 “The whole country is in a ferment. The Zionist policy is profoundly unpopular with all except the Zionists.” Both sides were arming, elective institutions were refused in the interests of the Zionist policy, “and the high cost of the garrison is almost wholly due to our Zionist policy.”2 Meanwhile, even the Zionists were discontented at the lack of progress and the “chilling disapprobation” of the British officials and the military. (...)

  • Dans « Our country has lost its moral compass »
    https://seenthis.net/messages/1034287
    Arundhati Roy dit

    –-> In 1937, Winston Churchill said of the Palestinians, I quote, “I do not agree that the dog in a manger has the final right to the manger even though he may have lain there for a very long time. I do not admit that right. I do not admit for instance, that a great wrong has been done to the Red Indians of America or the black people of Australia. I do not admit that a wrong has been done to these people by the fact that a stronger race, a higher-grade race, a more worldly wise race to put it that way, has come in and taken their place.” That set the trend for the Israeli State’s attitude towards the Palestinians. In 1969, Israeli Prime Minister Golda Meir said, “Palestinians do not exist.”
    ...
    Thiruvananthapuram on December 13. 2023

    merci @cdb_77

    Finalement Churchill et Hitler n’étaient pas si loin l’un de l’autre à la différence que l’homme d’état savait ce que c’était de gouverner un empire mondial alors que le peintre autrichien rêvait d’en « construire » un. Son antisemitisme fanatique comme plein d’autres de ses particularités rendaient le mouvement politique nazi incmpatible avec la domination internationale recherchée.

    Racial views of Winston Churchill
    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Racial_views_of_Winston_Churchill

    Some academics, such as Kehinde Andrews, go so far as to suggest Churchill was “the perfect embodiment of white supremacy”, while others like historian Andrew Roberts, say that Churchill could certainly be accused of paternalism, but not race-hatred.

    Pas besoin de haïr les gens qui travaillent pour toi.

    Source de la citation d’Arundhati Roy :
    Roberts, Andrew (2018). Churchill : Walking with Destiny. London : Allen Lane. ISBN 978-11-01980-99-6. page 106

    #colonialisation #racisme #impérialisme #antisemitisme #fascisme #Allemagne #Grande_Bretagne

  • The Great Indian Rape-Trick I - Arundhati Roy on Shekhar Kapur’s Bandit Queen
    https://web.archive.org/web/20160414182145/http://www.sawnet.org/books/writing/roy_bq1.html

    Détail significatif dans cet article d’il y a trent ans : parmi les nombreux éléments importants de la vie de la rebelle omis dans le film Bandit Queen se trouve le fait que les médecins lui ont enlevé l’uterus pour l’empêcher de, dans leurs mots, pondre d’autres rebelles de son genre.

    Le film en soi n’a pas d’importance sauf peut-être pour les collectionneurs de rape and revenge movies .

    A.R. recommende implicitement un livre qui contient des témoignages de Phoolan Devi : Mala Sen, India’s Bandit Queen : The True Story of Phoolan Devi

    22.8.1994 At the premiere screening of Bandit Queen in Delhi, Shekhar Kapur introduced the film with these words: “I had a choice between Truth and Aesthetics. I chose Truth, because Truth is Pure.”

    To insist that the film tells the Truth is of the utmost commercial (and critical) importance to him. Again and again, we are assured, in interviews, in reviews, and eventually in writing on the screen before the film begins. “This is a True Story.”

    If it weren’t the “Truth”, what would redeem it from being just a classy version of your run-of-the-mill Rape n’ Retribution theme that our film industry churns out every now and then? What would save it from the familiar accusation that it doesn’t show India in a Proper Light? Exactly Nothing.
    It’s the “Truth” that saves it. Every time. It dives about like Superman with a swiss knife - and snatches the film straight from the jaws of unsavoury ignominy. It has bought headlines. Blunted argument. Drowned criticism.

    If you say you found the film distasteful, you’re told - Well that’s what truth is - distasteful. Manipulative? That’s Life - manipulative.
    Go on. Now you try.
    Try...Exploitative. Or.. Gross. Try Gross.

    It’s a little like having a dialogue with the backs of trucks.
    God is Love.
    Life is Hard.
    Truth is Pure.
    Sound Horn.

    Whether or not it is the Truth is no longer relevant. The point is that it will, ( if it hasn’t already) - become the Truth.

    Phoolan Devi the woman has ceased to be important. (Yes of course she exists. She has eyes, ears, limbs hair etc. Even an address now) But she is suffering from a case of Legenditis. She’s only a version of herself. There are other versions of her that are jostling for attention. Particularly Shekhar Kapur’s “Truthful” one, which we are currently being bludgeoned into believing.

    “... it has the kind of story, which, if it were a piece of fiction, would be difficult to credit. In fact, it is the true story of Phoolan Devi, the Indian child bride...”
    Derek Malcolm writes in The Guardian.

    But is it? The True Story? How does one decide? Who decides?

    Shekhar Kapur says that the film is based on Mala Sen’s book - India’s Bandit Queen: The True Story of Phoolan Devi. The book reconstructs the story, using interviews, newspaper reports, meetings with Phoolan Devi and extracts from Phoolan’s written account, smuggled out of prison by her visitors, a few pages at a time.

    Sometimes various versions of the same event - versions that totally conflict with each other i.e: Phoolan’s version, a journalist’s version, or an eye- witnesses version - are all presented to the reader in the book. What emerges is a complex, intelligent and human book. Full of ambiguity, full of concern, full curiosity about who this woman called Phoolan Devi really is.

    Shekhar Kapur wasn’t curious.

    He has openly admitted that he didn`t feel that he needed to meet Phoolan. His producer Bobby Bedi supports this decision “Shekhar would have met her if he had felt a need to do so.” (Sunday Observer August 20th [1994]).

    It didn’t matter to Shekhar Kapur who Phoolan Devi really was. What kind of person she was. She was a woman, wasn’t she? She was raped wasn’t she? So what did that make her? A Raped Woman! You’ve seen one, you’ve seen ’em all.
    He was in business.
    What the hell would he need to meet her for?

    Did he not stop to think that there must have been something very special about her? That if this was the normal career graph if a low-caste village woman that was raped, our landscapes would be teeming with female gangsters?

    If there is another biographer any where in the world who has not done a living subject the courtesy of meeting her even once - will you please stand up and say your name? And having done that, will you (and your work) kindly take a running jump?

    What does Shekhar Kapur mean when he says the film is based on Mala Sen’s book? How has he decided which version of which event is “True” ? On what basis has he made these choices?
    There’s a sort of loutish arrogance at work here. A dunce’s courage. Unafraid of what it doesn’t know.
    What he has done is to rampage through the book picking up what suits him, ignoring and even altering what doesn’t.

    I am not suggesting that a film should include every fact that’s in the book.
    I am suggesting that if you take a long hard look at the choices he has made - at his inclusions, his omissions and his blatant alterations, a truly dreadful pattern emerges.
    Phoolan Devi (in the film version), has been kept on a tight leash. Each time she strays towards the shadowy marshlands that lie between Victimhood and Brutishness, she has been reined in. Brought to heel.
    It is of consummate importance to the Emotional Graph of the film, that you never, ever, stop pitying her. That she never threatens the Power Balance.
    I would have thought that this was anathema to the whole point of the Phoolan Devi story. That it went way beyond the You-Rape-Me: I’ll-Kill- You equation. That the whole point of it was that she got a little out of control. That the Brutalized became the Brute.
    The film wants no part of this. Because of what it would do to the Emotional Graph. To understand this, you must try and put Rape into its correct perspective. The Rape of a nice Woman (saucy, headstrong, foul-mouthed perhaps, but basicaly moral, sexually moral) - is one thing. The rape of a nasty/perceived-to-be-immoral womall, is quite another. It wouldn’t be quite so bad. You wouldn’t feel quite so sorry. Perhaps you wouldn’t feel sorry at all.

    Any policeman will tell you that.
    Whenever the police are accused of custodial rape, they immediately set to work. Not to prove that she wasn’t raped. But to prove that she wasn’t nice. To prove that she was a loose woman A prostitute. A divorcee. Or an Elopee - ie: She asked for it.
    Same difference.

    Bandit Queen -the film, does not make a case against Rape. It makes its case against the Rape of nice (read moral), women. (Never mind the rest of us that aren’t “nice”) .

    [??The film is consistently??] it’s on the lookout, like a worried hen - saving Phoolan Devi from herself. Meanwhile we, the audience, are herded along, like so much trusting cattle. We cannot argue, (because Truth is Pure. And you can’t mess With that).

    Every time the Director has been faced with something that could disrupt the simple, pre- fabricated calculations uf his cloying morality play, it has been tampered with and forced to fit.
    I’m not accusing him of having planned this.
    I believe that it comes from a vision that has been distorted by his own middle-class outrage, which he has then turned on his audience like a fire-fighter’s hose.

    According to Shekhar Kapur’s film, every landmark - every decison, every turning-point in Phoolan Devi’s life, starting with how she became a dacoit in the first place, has to do with having been raped, or avenging rape.
    He has just blundered through her life like a Rape-diviner
    You cannot but sense his horrified fascination at the havoc that a wee willie can wreak. It’s a sort of reversed male self absorption.
    Rape is the main dish. Caste is the sauce that it swims in.

    The film opens with a pre-credit sequence of Phoolan Devi the child being married off to an older man who takes her away to his village where he rapes her, and she eventually runs away. We see her next as a young girl being sexually abused bv Thakur louts in her village . When she protests, she is publicly humiliated, externed from the village, and when she returns to the village, ends up in prison. Here too she is raped and beaten, and eventually released on bail. Soon after her release, she is carried away bv dacoits. She has in effect become a criminal who has jumped bail. And so has little choice but to embark on a life in the ravines.
    He has the caste-business and the rape-business neatly intertwined to kick-start that “swift, dense, dramatic narrative” (Sunil Sethi, Pioneer August 14th [1994])

    Mala’s book tells a different story.
    Phoolan Devi stages her first protest against injustice at the age of ten. Before she is married off. In fact it’s the reason that she’s married off so early. To keep her out of trouble.
    She didn’t need to be raped to protest. Some of us don’t.
    She had heard from her mother, the story of how her father’s brusher Biharilal and his son Maiyadeen falsified the land records and drove her father and musher out of the family house, forcing them to live in a little hut on the outskirts of the village.
    The angry little girl accompanied by a frightened older sister marches into her uncle’s hora field where the two of them hang around with a combative air, munching hora nuts and plucking flowers (combatively). Their cousin Maiyadeen, a young man in his twenties, orders the children off his premises. Phoolan refuses to move. Instead this remarkable child taunts him, and questions his claim to the land. She was special.
    She is beaten unconscious with a brick.

    Phoolan Devi’s first war, like almost every dacoit’s first war, was fought for territory. It was the classic beginning of the journey into dacoitdom.
    But does it have rape in it?
    Nope.
    Caste-violence?
    Nope.
    So is it worth including in the film?
    Nope.

    According to the book, her second protest too, has to do with territory. And it is this (not the sexual harassment bv the village louts, though that happens too), that lands Phoolan Devi in jail and enters her name in the police records.
    Maiyadeen, the book says, was enraged because the property dispute (thanks to Phoolan’s pleas to the village panchayat) had been re-opened and transferred to the Allahabad High Court.
    As revenge he destroys Devideen’s (Phoolan’s father) crop, and is in the process of hacking down their Neem tree when Phoolan intervenes and throws a stone at him. She is attacked, trussed up, and handed to the police.
    Soon after she’s released on bail, she is kidnapped by dacoits. This too, according to Phoolan’s version ( upto, this point, there is no other version), is engineered by Maiyadeen as a ruse to get her out of his hair.
    Maiyadeen does not figure in the film.

    Already some pretty big decisions have been made. What stays, what goes. What is high-lighted, what isn’t.
    Life is Rape. The rest is jus’ details.

    We then see Phoolan in the ravines, being repeatedly raped by Babu Singh Gujar, the Thakur leader of the gang she has been kidnapped by. Vikram Mallah, the second-in-command is disgusted by his behaviour and puts a bullet through him. According to the book the killing happens as a drunken Babu Gujar is threatening to assault Phoolan. In the film he’s actually at it, lying on top of her, his naked bottoms jerking. As he breathes his last, Phoolan blinks the blood out of her eyes and looks long into the eyes of her redeemer. Just so that we get the point.

    After this we are treated to a sequence of After-rape-romance. The touching bits about the first stirrings of sexual desire in a much-raped woman. The way it works in the film is If-you- touch-me-I’ll-slap-you-but-I-really-do-want-to-touch-you.
    It’s choreographed like a dusty dance in which they rub against each other, but whenever he touches her she swats his hand away, but nevertheless quivers with desire. It is such a crude, obvious, doltish depiction of conflict in a woman who is attracted to a man, but associates sex with humiliation. It’s not in the book, so I’m not sure whose version Shekhar has used. From the looks of it, probably Donald Duck’s.

    Vikram Mallah and Phoolan Devi become lovers. While the book and the film agree that he was her one true love, the book does not suggest that he was her only lover.

    The film does. She has to be portrayed as a One Man Woman. Otherwise who’s going to pity her? So it’s virtue or bust. One lover (a distant cousin) is eliminated completely. The other (Man Singh), is portrayed as what used to be known in college as a Rakhi-brother.

    From all accounts, Vikram Mallah seems to have been the midwife of Phoolan’s birth into dacoitdom.
    He supervises her first act of retribution against her husband Puttilal.
    The film shows him bound and gagged, being beaten by Phoolan Devi with the butt of her gun, whimpering and crying with remembered rage.

    At having been raped. In the Retribution bits, she is allowed a little latitude. Otherwise, (as we shall see) none at all.

    But there’s a sly omission here. According to the book, according to Phoolan Devi herself, there were two victims that day. Not one.
    The second one was a woman. Vidya, Puttilal’s second wife.
    The film hasn’t told us about a second experience Phoolan has with Puttilal. The time that Maiyadeen forced her to return to Puttilal. Phoolan arrived at her husband’s house to find that he had taken a second wife. Vidya harassed and humiliated Phoolan and eventually forced Puttilal to send her away.
    Her humiliation at Vidya’s hands is more recent in Phoolan’s memory.
    Phoolan, in her written version says she wanted to kill them both and leave a note saying that this will be the fate of any man who takes two wives. Later she changed her mind and decided to leave them alive to tell the tale. She beat them both. And broke Puttilal’s hands and legs.

    But what nice woman would do that?
    Beat up another woman?
    How would you feel sorry for someone like that?

    So, in the film, Vidya is dumped.

    Phoolan’s affair with Vikram Mallah ends tragically when he is shot.
    She is captured bv his Thakur killers, gagged, bound, and transported to Behmai. The stage is set for what has come to be referred to as the “centerpiece” of the film. The gang-rape.
    It is the scene by which the film is judged.
    Not surprisingly, Phoolan herself is reticent about what happened. All she says is un logo ne mejhse bahut mazaak ki.
    She mentions being beaten, humliliated and paraded from village to village. She mentions another woman dacoit Kusuma — who disliked her, and taunted and abused her. (Of course there’s no sign of her in the film. It would only serve to confuse the Woman-as-victim moral arithmetic.)

    Since Phoolan isn’t forthcoming, it is the vivid (vicarious) account in Esquire by an American, journalist, Jon Bradshaw that has been enlisted to structure this scene.

    “... Phoolan screamed, striking out at him, but he was too strong. Holding her down, the stranger raped her. They came in one by one after that. Tall, silent Thakur men — and raped her until Phoolan lost consciousness. For the next three weeks Phoolan was raped several times a night, and she submitted silently turning her face to the wall... she lost all sense of time... a loud voice summoned her outside. Sri Ram ordered Phoolan to fetch water from the well. When she refused, he ripped off her clothes and kicked her savagely...at last she limped to the well while her tormentors laughed and spat at her. The naked girl was dragged back to the hut and raped again.”

    Whatever Shekhar Kapur’s other failings are, never let it be said that he wasn’t a trier. He did his bit too. He (Pioneer Aug 14th, India Today August 21st [1994])locked himself up in a room - the door opening and closing as one man after another strode in - imagining himself being sodomized!!! After this feat of inter-sexual empathy, he arrives at some radical, definitive conclusions. “There is no pain in a gang-rape, no physical pain after a while,” he assures us “It is about something as dirty as the abject humiliation of a human being and the complete domination of its soul.”
    Thanks baby. I would never have guessed.
    It’s hard to match the self-righteousness of a film-maker with a cause. Harder when the film- maker is a man and the cause is rape.
    And when it’s the gang-rape of a low-caste woman by high-caste men .. don’t even try it. Go with the feeling.

    We see a lot of Phoolan’s face, in tight close-up, contorted into a grimace of fear and pain as she is raped and mauled and buggered. The overwhelming consensus in the press has been that the rape was brilliantly staged and chilling.

    That it wasn’t exploitative.
    Now what does that mean? Should we be grateful to Shekhar Kapur for not showing us the condition of her breasts and genitals? Or theirs? That he leaves so much to our imagination?
    That he gave us a tasteful rape?
    But I thought the whole point of this wonderful film was its no-holds-barred brutality? So why stop now? Why the sudden coyness?
    I’ll tell you why. Because it’s all about regulating the Rape-meter. Adjusting it enough to make us a little preen-at-the-gills. Skip dinner perhaps . But not miss work.
    It’s us, We-the-Audience, stuck in our voyeuristic middle-class lives who really make the decisions about how much or how little rape/violence we can take/will applaud, and therefore, are given.
    It isn’t about the story. (There are ways and ways of telling a story) It isn’t about the Truth. (There are ways around that too. Right?) It isn’t about what Really Happened. It’s none of that high falutin’ stuff.
    It’s good old Us. We make the decisions about how much we would like to see. And when the mixture’s right, it thrills us,. And we purr with approbation.

    It’s a class thing. If the controls are turned up too high, the hordes will get excited and arrive. To watch the centrepiece. They might even whistle. They won’t bother to cloak their eagerness in concern like we do.
    This way, it’s fine, It’s just Us and our Imagination.
    But hey, I have news for you - the hordes have heard and are on their way. They’ll even pay to watch. It’ll make money, the centrepiece. It’s hot stuff

    How does one grade film-rapes on a scale from Exploitative to Non-exploitative?
    Does it depend on how much skin we see? Or is it a more complex formula that juggles exposed skin, genitalia, and bare breasts?
    Exploitative I’d say, is when the whole point of the exercise is to stand on high moral ground, and inform us, (as if we didn’t know), that rape is about abject humiliation.
    And, as in the case of this film, when it exploits exploitation. Phoolan has said (Pioneer, August 15 [1994]) that she thinks they’re no better shall the men who raped her. This producer/director duo.

    And they’ve done it without dirtying their hands. What was that again? The complete domination of the soul? I guess you don’t need hands to hold souls down.

    After the centrepiece, the film rushes through to its conclusion.
    Phoolan manages to escape from her captors and arrives at a cousin’s house, where she recuperates and then eventually teams up with Man Singh who later becomes her lover, (though of course the film won’t admit it).
    On one foray into a village with her new gang, (one of the only times we see her indulging in some non-rape-related banditry), we see her wandering through a village in a daze, with flaring nostrils, while the men loot and plunder. She isn’t even scared when the police arrive. Before she leaves she smashes a glass case, picks out a pair of silver anklets and gives it to a little girl.
    Sweet.

    When Phoolan and her gang, arrive in Behmai for the denouement, everybody flees indoors except for a baby that is for some reason, left by the well, The gang fans out and gathers the Thakurs who have been marked for death. Suddenly the colour seeps out of the film and everything becomes bleached and dream sequency. It all turns very conceptual. No brutal close-ups. No bestiality.
    A girl’s gotta do what a girl’s gotta do.
    The twenty-two men are shot The baby wallows around in rivers of blood. Then colour leaches back into the film.

    And with that, according to the film, she’s more or less through with her business. The film certainly, is more or less through with her. Because there’s no more rape. No more retribution.

    According to the book, it is really only after the Behmai massacre that Phoolan Devi grows to fit her legend. There’s a price on her head, people are baying for her blood, the gang splinters. Many of them are shot by the police. Ministers and Chief-ministers are in a flap. The police are in a panic . Dacoits are being shot down in fake encounters and their bodies are publicly displayed like game. Phoolan is hunted like an animal. But ironically, it is now, for the first time that she is in control of her life. She becomes a leader of men. Man Singh becomes her lover, but on her terms. She makes decisions. She confounds the police. She evades every trap they set for her./ She plays daring little games with them. She undermines the credibility of the entire UP police force. And all this time, the police don’t even know what she really looks like.
    Even when the famous Malkhan Singh surrenders, Phoolan doesn’t.

    This goes on for two whole years. When she finally does decide to surrender, it is after several meetings with a persuasive policeman called Rajendra Chaturvedi, the SP of Bhind, with whom she negotiates the terms of her surrender to the government of Madhya Pradesh.

    Is the film interested in any of this?
    Go on. Take a wild guess.

    In the film, we see her and Man Singh on the run, tired, starved and out of bullets. Man Singh seems concerned, practical and stoical.
    Phoolan is crying and asking for her mother!!!

    The next thing we know is that we’re at surrender. As she gives up her gun, she looks at Man Singh and he gives her an approving nod.
    Good Girl! Clever girl!
    God Clever Girl

    Phoolan Devi spent three-and-a-half years in the ravines. She was wanted on 48 counts of major crime, 22 murder, the rest kidnaps-for-ransom and looting.
    Even simple mathematics tells me that we’ve been told just half the story.
    But the cool word for Half-truth is Greater-truth.
    Other signs of circular logic are beginning to surface.
    Such as: Life is Art
    Art is not Real

    How about changing the title of the film to: Phoolan Devi’s Rape and Abject Humiliation: The True half-Truth?
    How about sending it off to an underwater film festival with only one entry?

    What responsibility does a biographer have to his subject? Particularly to a living subject?
    None at all?
    Does it not matter what she thinks or how this is going to affect her life?

    Is he not even bound to shovv her the work before it is released for public consumption?

    If the issues involved are culpable criminal offenses such as Murder and Rape - if some of them are still pending in a court of law — legally, is he allowed to present conjecture, reasonable assumption and hearsay as the unalloyed “Truth?”

    Shekhar Kapur has made an appeal to the Censor Board to allow the film through without a single cut. He has said that the Film, as a work of Art, is a whole, if it were censored it wouldn’t be the same film.
    What about the Life that he has fashioned his Art from?
    He has a completelv different set of rules for that.

    It’s been several months since the film premiered at Cannes. Several weeks since the showings in Bombay and Delhi. Thousands of people have seen the film. It’s being invited to festivals all over the world.
    Phoolan Devi hasn’t seen the film. She wasn’t invited.
    I met her yesterday. In the morning papers Bobby Bedi had dismissed Phoolan’s statements to the press — “Let Phoolan sit with me and point out inaccuracies in the film, I will counter her accusations effectively,” (Sunday Observer, August 21st [1994]). What is he going to do? Explain to her how it really happened?
    But it’s deeper than that. His story to the press is one thing. To Phoolan it’s quite another. In front of me she rang him up and asked him when she could see the film. He would not give her a definite date.
    What’s going on?

    Private screenings have been organised for powerful people. But not for her.
    They hadn’t bargained for this. She was supposed to be safely in jail. She wasn’t supposed to matter. She isn’t supposed to have an opinion.
    “Right now”, the Sunday Observer says, “Bobby Bedi is more concerned about the Indian Censor Board than a grumbling Phoolan Devi.”

    Legally, as things stand, in UP the charges against her haven’t been dropped. (Mulayam Singh has tried, but an appeal against this is pending in the High Court).
    There are several versions of what happened at Behmai. Phoolan denies that she was there. More importantly, two of the men who were shot at but didn’t die say she wasn’t there. Other eye- witnesses say she was. Nothing has been proved. Everything is conjecture.

    By not showing her the film, but keeping her quiet until it’s too late to protest (until it has been passed by the Censors and the show hits the road), what are they doing to Phoolan? By appearing to remain silent, is she concurring with the film version of the massacre at Behmai? Which states, unequivocally, that Phoolan was there. Will it appear as though she is admitting evidence against herself? Does she know that whether or not the film tells the Truth it is only a matter of time before it becomes the Truth. And that public sympathy for being shown as a rape-victim doesn’t get you off the hook for murder?
    Are they helping her to put her head in a noose?

    On the one hand the concerned cowboys Messrs Bedi & Kapur are so eager to share with us the abject humiliation and the domination of Phoolan Devi’s “soul”, and o n the other they seem to be so totally uninterested in her.
    In what she thinks of the film, or what their film will do to her life and future.

    What is she to them? A concept? Or just a cunt?

    One last terrifying thing. While she was still in jail, Phoolan was rushed to hospital bleeding heavily because of an ovarian cyst. Her womb was removed. When Mala Sen asked why this had been necessary, the prison doctor laughed and said “We don’t want her breeding any more Phoolan Devi’s.”
    The State removed a woman’s uterus! Without asking her .Without her knowing.
    It just reached into her and plucked out a part of her!
    It decided to control who was allowed to breed and who wasn’t.
    Was this even mentioned in the film?
    No. Not even in the rolling titles at the end
    When it comes to getting bums on seats, hysterectomy just doesn’t measure up to rape.

    August 22nd, ’94

    Roger Ebert a apprécié le film mais il n’a pas lu le livre.
    https://www.rogerebert.com/reviews/bandit-queen-1995

    Bandit Queen.(v.o.)
    https://www.youtube.com/watch?v=x0XxJS5YiZ0

    #Inde #histoire #iatrocatie #banditisme #femmes #sexisme #cinéma

  • L’ayatollah Khomeini à propos du cinéma
    https://www.arte.tv/fr/videos/111768-000-A/il-etait-une-fois-la-loi-de-teheran
    dans Il était und fois ..."La loi de Téhéran"

    Warum ist unser Kino ein Schauplatz der Unzucht?
    Wir haben nichts gegen das Kino, wir haben etwas gegen Unzucht.
    Das Kino sollte im Dienste der Menschen und der Bildung der Menschen stehen.
    Stattdessen zieht es unsere Jugend ins Verderben.

    Et si j’appréciait la fornication ?

    Red Hot Chili Peppers - Californication
    https://www.youtube.com/watch?v=YlUKcNNmywk


    Est-ce que je dois me ranger du coté des impérialiste états-uniens ? Chez eux aussi le pudique est au pouvoir, les artistes déguisant leur protestation par des mots comme « californication ».

    • Avec quelques jours de recul je pense que ce que dit Arundhati Roy sur Bandit Queen vaut aussi pour La loi de Téhéran . On y omet des éléments essentiels nécessaires pour saisir la vérité du personnage central. Dans les deux films ce sont les véritables relation de classe, la religion et la révolte, bref comment arriver à devenir maître ou maîtresse de son propre destin. Le film iranient contourne ces sujets pour des raisons évidentes et le film indien a été interdit malgré ces omissions parce que son auteur n’a pas assez bien joué le jeu de la censure.

      Pour le public local les omissions ne sont pas un problème car il y a assez de nouveaux thèmes et il comprend le soustexte. Pour moi les personnages dans Téhéran évoquent peu d’empathie par rapport à la gravité des choses qui leur arrivent. Elles occupent d’abord toutes une position symbolique importante.
      Téhéran est un film brillant et impressionnant mais il traite la corruption comme si c’était une grande bataille dans une pièce de Shakespeare - on la raconte mais on ne la montre pas. Les flics qu’on voit sont durs mais de bons gens honnêtes. Au contraire de Serpico qui traite expressément le même sujet de corruption policière Téhéran est profondément pessimiste. Il n’y a pas de changement, les raisons des problèmes sont hors-champ pour la police et la démission du personnage de policier n’a rien d’un départ pour de nouvelles aventures.

      Peut-être c’est ce qui a échappé aux censeurs iraniens : c’est un film dans le style états-unien qui constate que l’Iran se trouve dans une impasse.

      On sait d’ailleurs que les puissants on l’habitude de dénouer une telle situation par une bonne guerre. Mais c’est du hors-champ.

      Roger Ebert cite un collègue indien :

      I recommend this movie as a must see but don’t watch if you are looking for entertainment.

      C’est vrai pour ces polars qui touchent au limites du système.

  • Surf Nazis Must Die (1987)
    https://www.youtube.com/watch?v=d32G8o6qnJ8


    Film entier en HD et VO. Avec le beau temps de retour il était temps de nous rappeller que les #nazi_surfer guettent leur proie sur les plages.

    Les nuls de chez les nuls.


    Elle veut more franklins mails elle est trop nulle pour se maquiller d’une croix gammée sérieuse ... #LOL

    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Surf_Nazis_Must_Die

    Surf Nazis Must Die is a 1987 American post-apocalyptic exploitation action film directed by Peter George, and starring Gail Neely, Barry Brenner and Robert Harden. It was produced by The Institute, a production company formed by George, Craig A. Colton and Robert Tinnell, and distributed by Troma Entertainment, a company known for low-budget exploitation films.

    L’histoire promet ...

    An earthquake leaves the California coastline in ruins and reduces the beaches to a state of chaos. A group of neo-Nazis led by Adolf (Brenner), the self-proclaimed “Führer of the new beach”, takes advantage of the resulting chaos by fighting off several rival surfer gangs to seize control of the beaches.

    Meanwhile, an African American oil well worker named Leroy (Harden) is killed by the surf Nazis while jogging on the beach. Leroy’s mother, “Mama” Washington (Neely), devastated by the loss of her son, vows revenge. After arming herself with a handgun and grenades, she breaks out of her retirement home and exacts vengeance on the Surf Nazis.

    La bande d’annonce
    https://seenthis.net/messages/81000#message81005 (2012) @arno
    https://seenthis.net/messages/314382 (2014) @klaus
    https://seenthis.net/messages/416220 (2015) @supergeante

    #merci @baroug pour les #nazisharks

    #nanar #nazis #Californie

  • Charité-Arzt verurteilt : Totschlag kein Einzelfall, „Täter gelten als sehr engagierte, sehr empathische Mensch
    https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/berlin-charite-arzt-verurteilt-totschlag-kein-einzelfall-taeter-gel


    Le médecin qui aime son patient, tue son patient , parole de nazi. Et il économise 60k RM à la communauté nationale. C’est que j’appelle de l’empathie nationale .

    Voici la dernière ligne de défense des médecins face à la critique de leur rôle meurtrier.

    Ich halte die Behauptung, es handele sich bei den Tätern um schwarze Schafe und bei den Taten um Einzelfälle, für genauso ungerechtfertigt wie einen Generalverdacht.
    Karl-Heinz Beine

    Un médecin spécialiste de la question de l’homicide médical décrit qu’il est impossible de connaître le chiffre et le rythme exact des homicides commis par ses collègues. Puisque ici les méthodes statistiques sont aussi peu efficaces comme dans tous les domaines où le personnes interrogées veulent rester dans l’ombre on ne peut approcher la question que d’une manière analytique.

    Il faut commencer par la collection d’informations sur tout ce qui peut avoir une signification pour les actes et exclure les jugements biaisés et idéologiques qui sont la conséquence de la nécessité de s’arranger avec une situation insupportable ou d’obscurcir des parties problématiques de la question. Ensuite il faut analyser les fonctions et besoins de acteurs. A la fin on n’aura toujours pas de chiffre précis mais on obtiendra une idée de la signification du phénomène et du rôle des acteurs.

    Bien entendu il faut se situer dans la perspective des personnes les plus faibles qu’on écoute le moins d’habitude, car en emplifiant ces voix on se rapproche d’une représentation complète du problème. Si par hasard on comprend qu’on fait partie d’eux on a gagné la première bataille dans la lutte pour la vérité.

    Nous sommes toutes et tous des patients. Pour nous il est important de suivre la recommandation du professeur à la fin de l’interview, mais ce n’est qu’une première étape sur le chemin vers l’essentiel, l’indépendance de la domination médicale.

    26.4.2024 von Christian Schwager - Ein Arzt der Charité Berlin ist für die Tötung zweier Patienten verurteilt worden. Der Experte Karl-Heinz Beine sagt, dies sei kein Einzelfall, doch Patienten könnten sich schützen.

    Der Charité-Arzt Gunther S. ist am Freitag vor dem Landgericht Berlin wegen zweifachen Totschlags zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er wurde für schuldig befunden, dem Leben der beiden Patienten mit einer hohen Dosis des Anästhetikums Propofol ein Ende gesetzt zu haben anstatt, wie üblich, Schmerzen mit Morphinen zu behandeln. Fast ein Jahr lang saß der Oberarzt der kardiologischen Intensivstation in Moabit in Untersuchungshaft. Karl-Heinz Beine ist emeritierter Professor an der Universität Witten/Herdecke. Er hat zur Gewalt in Krankenhäusern geforscht und den Prozess intensiv verfolgt. Im Interview spricht er über die Motive der Täter, das Leben von Patienten vorzeitig und vorsätzlich zu beenden. Er sagt, es handele sich nicht um Einzelfälle, ein Generalverdacht sei aber nicht berechtigt. Und er erklärt, was Patienten tun könnten.

    Herr Prof. Beine, entspricht das Urteil Ihren Erwartungen?

    Ich bin mit der Beweisführung des Gerichts sehr einverstanden. Die Tatsachen, die zugrunde lagen, waren erheblich. Das Gericht hat völlig zurecht großes Gewicht auf die Dosierung von Propofol gelegt und als Todesursache gewürdigt. Dieses Anästhetikum wird in solchen medizinischen Problemlagen eher selten eingesetzt.

    Sie haben den Prozess seit Beginn an den meisten Prozesstagen verfolgt. Im Publikum saß auch medizinisches Personal. Wie waren die Reaktionen?

    Ich hatte erst heute vor dem Richterspruch eine mehr als lebhafte Auseinandersetzungen mit einem ärztlichen Kollegen. Er meinte, wenn der angeklagte Arzt verurteilt werde, würde an deutschen Kliniken niemand mehr als Arzt arbeiten wollen.

    Ist das so?

    Eine solche Einschätzung hat mit Fakten nichts zu tun. Es kommt immer auf die Kompetenz und die Motivation der Ärztinnen und Ärzte an. Selbstverständlich sind sie auf der sicheren Seite, wenn sie einem Menschen Schmerzen nehmen wollen und dafür ein Medikament wählen, bei dem es unter Umständen sein kann, dass es auch das Leben verkürzt. Unabhängig davon muss das Motiv sein, dem Patienten Schmerzen und Ängste zu nehmen und nicht das Leben zu verkürzen.

    Warum sollte das primäre Ziel von Dr. S. gewesen sein, den Tod der Patienten herbeizuführen?

    Ich habe ihn nicht psychiatrisch begutachtet. Doch mein Eindruck im Gerichtssaal war, dass er große Schwierigkeiten hat, unkontrollierbare Situationen zu ertragen, also auch das Sterben von Menschen. Er hat Probleme, die Grenzen ärztlichen Handelns zu akzeptieren. Man könnte das so beschreiben: Wenn ich das Leiden eines Menschen nicht kontrollieren kann, dann kontrolliere ich den Träger des Leidens, indem ich ihn mit Medikamenten so behandele, dass ich ihn – in Anführungszeichen – erlöse. Es ist so, dass Herr S. nicht in der Lage ist, solche Situationen auszuhalten und zu begleiten.

    Ist das ein typisches Tatmotiv?

    Für fast alle Täter, die ich kenne, ist das eine typische Motivlage, ja. Sie gelten als sehr engagierte, sehr empathische Menschen, die sich um Sterbende und ihre Angehörigen kümmern. Dadurch können sich die betroffenen Ärztinnen und Ärzte oder Krankenpfleger das Gefühl verschaffen, die Situation im Griff zu haben. Und wenn das nicht der Fall ist, lösen sie die Situation auf, indem sie die Patienten mit Medikamenten übermäßig ruhigstellen.

    Es gab den Fall des Pflegers Niels Högel, der Patienten an den Rand des Todes brachte mit dem Ziel, sie im letzten Moment zu retten und als Held dazustehen. Ist das ebenfalls typisch?

    Diese Motivlage ist weltweit selten. Meist handelt es sich um Mitleidstörungen. Im Fall von Herrn S. hat das Gericht jetzt ebenfalls festgestellt, dass auch bei ihm Mitleid eine Rolle gespielt hat. Insofern gibt es Parallelen zum Fall von Irene B., die sich ja damals auch auf Mitleide berufen hat.

    Sie meinen die Krankenpflegerin an der Charité, die mehrere Patienten umgebracht hat. Ihr Fall hat dazu geführt, dass die Charité ein Whistleblower-System etablierte. Wie sicher ist ein solches System vor Missbrauch?

    Ein höheres Maß an Sicherheit als das, das man in diesem Prozess erlebt hat, ist kaum möglich. Jedes Whistleblower-System gerät an seine Grenzen, wenn es um schwere Straftaten geht.

    Warum?

    Solche Informationen der Whistleblower müssen an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet werden. Das hat die Krankenschwester, die sich im Fall des Dr. S. an die Vertrauensanwälte der Charité wandte, nicht bedacht. Sie hat sich nicht ausgemalt, dass sie irgendwann vor dem Landgericht erscheinen muss. Und sie hat sich nicht ausgemalt, dass sie an drei Prozesstagen schwierigen Verhören ausgesetzt war. Man könnte auch sagen: Sie wurde gegrillt.

    Wie lässt sich so ein Whistleblower-System schonend für die Beschuldigten und schonend für die Hinweisgeber organisieren?

    Das ist eine schwierige Frage, auf die es bis heute keine abschließende Antwort gibt. Wie macht man Menschen Mut, die Missstände aufdecken? Wie schützt man Menschen davor, ungerechtfertigt beschuldigt zu werden, die nichts anderes tun als ihre schwere Arbeit?

    Sind die Ärzte durch das Urteil jetzt verunsichert?

    Die Verunsicherung ist da, aber die Grauzone, von der immer die Rede ist, wird nicht verschwinden, indem wir sie verschweigen. Wir müssen genau hinschauen und darüber immer wieder diskutieren, und ich glaube, dass das mit diesem Urteil etwas leichter fällt.

    Sie sprechen von Grauzone: Lässt sich abschätzen, wie viele Fälle nicht ans Licht kommen?

    Die Dunkelziffer lässt sich nicht beziffern. Ich selbst habe im Herbst 2020 eine Studie veröffentlicht, die wissenschaftlich bewertet wurde. Von 2507 teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten räumten 1,8 Prozent ein, innerhalb der zurückliegenden zwölf Monate das Leben eines Patienten vorsätzlich und willentlich verkürzt zu haben, ohne dass sie darum gebeten worden waren. Es handelt sich um eine nicht unerhebliche Zahl. 2507 Teilnehmer sind nicht wenig, allerdings handelt es sich nicht um einen repräsentativen Querschnitt durch die Ärzteschaft.

    Also liegt das Ausmaß des Problems völlig im Dunkeln?

    Es ist nicht quantifizierbar. Doch ich halte die Behauptung, es handele sich bei den Tätern um schwarze Schafe und um Einzelfälle, für genauso ungerechtfertigt wie einen Generalverdacht. Wir wissen es schlichtweg nicht.

    Wie kann ich als Patient für meine größtmögliche persönliche Sicherheit sorgen?

    Indem Sie eine Vorsorgevollmacht und/oder eine Patientenverfügung hinterlegt haben, deren Existenz bekannt ist. Und indem ich selbst oder meine Angehörigen auf Aufklärung bestehen, am besten von zwei unterschiedlichen Ärzten. Menschliches Leben darf nicht abgewertet werden, auch nicht wenn es schwierig wird.

    Inwiefern?

    Der Verteidiger von Dr. S. hat im Prozess einen Zollstock ausgepackt, um den Fall aus seiner Perspektive zu verdeutlichen. Ein Zwei-Meter-Zollstock, den er Glied für Glied eingeklappt hat. Er wollte damit die Vergänglichkeit des Lebens symbolisieren. Am Schluss hat er die schmale Kappe abgenommen, die sich am Ende jedes Zollstocks befindet. Er hat gesagt, dieses Fitzelchen sei das, was auf einer Intensivstation ankommt. Das ist eine derart verzerrende Darstellung des Wertes von menschlichem Leben an dessen Ende, die unabsehbare Folgen hat. Es muss jedem klar sein, dass das menschliche Leben schützenswert ist bis zum letzten Atemzug. Und dass Ärzte nichts tun dürfen, um das Leben vorsätzlich zu verkürzen. Das kann allenfalls der Betroffene selbst.

    __

    Zur Person

    Karl-Heinz Beine, geboren 1951, ist ein deutscher Humanmediziner, Hochschullehrer und Sachbuchautor. Seit 2019 ist er emeritierter Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke. Er veröffentlichte unter anderem mit Jeanne Turczynski das Buch: „Tatort Krankenhaus. Wie ein kaputtes System Misshandlungen und Morde an Kranken fördert“. (Verlag Droemer Knaur, München 2017)

    Vernichtung lebensunwerten Lebens
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vernichtung_lebensunwerten_Lebens

    ... et les pauvres ...
    https://www.youtube.com/watch?v=oFSd_mUSBkw

    #iatrocratie #meurtre #euthanasie

  • Patienten getötet : Charité-Oberarzt in Berlin zu Haftstrafe verurteilt
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/herzmediziner-der-charite-berlin-zu-haftstrafe-verurteilt-li.220981


    Der Charité-Mediziner Gunther S. musste am Freitag nicht in die Untersuchungshaftanstalt zurück. Er wurde von der Haft verschont. Foto Katrin Bischoff/Berliner Zeitung

    Au fond rien n’a changé depuis l’assassinat de centaines de milliers de patients par les médecins nazis dans le contexte de l’action T4 et des institutions du Reich . Malgré quelques lois qui semblent imposer le contraire l’état, ses juges et la morale publique ne mettent pas en question le pouvoir sur ta vie et ta mort des demi-dieux en blouse blanche. Tous les jours les médecins tuent des patients sans égard de leur volonté ou de celle de leurs proches sous le prétexte de l’élimination d’une vie qui ne vaut pas d’être vécue („Vernichtung lebensunwerten Lebens“).

    Quand un spéciment de cette caste d’assassins se fait prendre, la morale dominante veut qu’il soit jugé avec clémence. Un acte qui serait considéré comme un meurte chez n’importe qui d’autre passe pour de l’empathie professionnelle quand l’auteur du crime est médecin.

    En tant que patients que nous sommes tous sans exception il ne faut jamais oublier avec qui nous avons à faire quand nous allons voir les maîtres de la distribution de soins et de médicaments. Ils détiennent ce qu’Ian Fleming a surnommé "a licence to kill".

    Là un de ces tueurs vient d’écoper une condamnation pour homicide au premier degré avec libération immédiate parce que la durée de sa détention provisoire de moins d’un an a été plus longue que la peine prononcée. Une condamnation pour homicide était incontournable mais la cour a voulu qu’elle soit la moins dure possible. Les juges ne considèrent pas comme du meurte la terminaison de la vie de deux patients sur simple décision de médecin. Voilà ce qui est grave.

    Je suis convaincu qui faut en finir avec ce pouvoir et cette morale par l’action collective et publique.

    26.4.2024 von Katrin Bischoff - .Nach dem Tod zweier Patienten kommt ein Kardiologe der Charité Berlin vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor. Nun gibt es ein Urteil.

    Als Gunther S. am Freitagnachmittag gegen 15.15 Uhr aus dem Saal 142 des Kriminalgerichts tritt, eine durchsichtige Plastiktüte mit Prozessunterlagen in den Händen, wird er erst einmal umarmt. Kollegen und Bekannte warten. Gunther S. ist die Erleichterung anzusehen, dass er zunächst nicht mehr in seine Gefängniszelle zurück muss.

    Gerade wurde der Arzt der Charité wegen zweifachen Totschlags in minderschwerem Fall zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt, doch die 30. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin setzte auch seinen Haftbefehl außer Vollzug. Fast ein Jahr lang saß der Oberarzt der kardiologischen Intensivstation (ITS) in Moabit in Untersuchungshaft. „Wir werden gegen das Urteil selbstverständlich in Revision gehen“, kündigt Jan Smollich an, einer der Verteidiger des promovierten Arztes. Die Anwälte hatten auf Freispruch plädiert.

    24 Verhandlungstage sind vergangen, in denen sich der Oberarzt wegen eines schweren Vorwurfs verantworten musste. Er soll zwei schwerstkranke Patienten auf der kardiologischen Intensivstation 47i am Charité-Campus Virchow-Klinikum mit einer Überdosis Propofol getötet haben. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen heimtückischen Mordes verlangt, weil sich Dr. S. zum Herrn über Leben und Tod aufgeschwungen habe.

    Doch der Argumentation des Anklägers konnten die Richter der Schwurgerichtskammer nicht folgen. „Wir sind überzeugt, dass es sich in beiden Fällen um eine gezielte Abkürzung des Lebens und damit eine gezielte Tötung handelt“, sagte Gregor Herb, der Vorsitzende Richter. Vieles spreche aber dafür, dass es die Zugewandtheit zu den Patienten war, die Dr. S. zu diesem Handeln bewegt habe. Es fehle an einer lebensfeindlichen Haltung.
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    Herb erklärte, dass der „Gesetzgeber uns vor Probleme“ stelle, wenn es um Fälle ärztlichen Handelns am Ende eines Lebens gehe. Aber hier sei eine eindeutige strafrechtliche Beurteilung möglich. Was geschehen war, beschrieb der 52-jährige Richter so: Am 22. November 2021 musste der eine Woche zuvor eingelieferte schwerstkranke Patient Ulrich B. über eine halbe Stunde reanimiert werden, dann hatte er wieder einen Kreislauf.

    Was Gunther S. bei dem folgenden Notfallkadiogramm des 73-jährigen Patienten sah, ließ ihn zu der Überzeugung gelangen, dass Ulrich B. nicht mehr mit dem Ziel einer Genesung oder Besserung des Gesundheitszustandes behandelbar war. „Zwar schlug das Herz noch, aber der Arzt hatte keine Zuversicht, dass da noch was zu machen war“, so Herb.

    Zwei Minuten später war Ulrich B. tot

    Um 10.36 Uhr habe Gunther S. die Krankenschwester Katja W. angewiesen, ihr eine hohe Dosis des Sedierungsmittels Propofol zu spritzen. Als die 39-Jährige zögerte, forderte sie der Arzt nochmals auf. In der Überzeugung, der Mediziner könne die Dosierung besser beurteilen, habe die Krankenschwester das Propofol verabreicht, so Herb. Zwei Minuten später war Ulrich B. tot.

    Sophie J., eine junge, noch unerfahrene Krankenschwester, war mit in dem Patientenzimmer. Sie unternahm zunächst nichts, wandte sich aber acht Monate später, nach dem Tod der 73-jährigen Marianne G., an die Vertrauensanwälte der Charité. Die Stelle war eingerichtet worden, nachdem die Krankenschwester Irene B. in der Charité mehrere Patienten umgebracht hat. Sie wurde 2008 wegen Mordes und Totschlags an fünf Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Marianne G., ebenfalls 73 Jahre alt, kam am 23. Juli 2022 mit lebensbedrohlichen Vorerkrankungen auf die ITS 47i. Ihr Herz hatte immer wieder ausgesetzt. Am Abend entschieden zwei Ärzte, darunter Gunther S., auf palliative Behandlung umzustellen. Die Patientin war nicht sediert, Gunther S. spritzte ihr im Beisein von Sophie J. zunächst 200 Milligramm Propofol. Er beendete die Beatmung. „Und erwartete den Tod, den er herbeizuführen beabsichtigte“, so Herb.

    Doch Marianne G. starb nicht. Deswegen holte Gunther S. erneut Propofol und injizierte ihr 400 Milligramm. „Wenige Augenblicke später verstarb die Patientin“, erklärte der Vorsitzende Richter. Der Ablauf beruhe auf den Angaben von Sophie J. und decke sich „in den allerweitesten Teilen mit der Einlassung des Angeklagten“.

    Dabei sei die Dosis ein zentraler Punkt, erklärte Herb. Gunther S. hatte zugegeben, den Patienten das Sedierungmittel gespritzt zu haben - jedoch in wesentlich geringerer Menge. Er habe damit die Sterbenden abschirmen, ihnen unnötiges Leid, Schmerzen und Todesangst ersparen wollen.

    Fünf Sachverständige hatten in dem Prozess ausgesagt, dass die Menge von 500 Milligramm bei Ulrich B. und 600 Milligramm bei Marianne G. all das übersteige, was therapeutisch sinnvoll wäre. Selbst die von Gunther S. angegebene geringere Dosierung sei „ein Ritt auf der Rasierklinge“ gewesen, so der Richter.

    Wir sind überzeugt, dass es sich in beiden Fällen um eine gezielte Abkürzung des Lebens und damit eine gezielte Tötung handelt
    Gregor Herb, Vorsitzender Richter

    Herb machte klar, dass die Kammer der Hauptbelastungszeugin in diesem Prozess glaube. Ihre Aussage sei in Einzelheiten voll belastbar. Sie habe nicht den Eindruck gemacht, als würde sie „das Blaue vom Himmel“ herunterlügen.

    Die Richter gehen in ihrem Urteil aber auch davon aus, dass allen klar gewesen sei, dass die Patienten todgeweiht waren. Trotzdem sei das Vorgehen des Arztes nicht mit einer Palliativbehandlung in Einklang zu bringen. Propofol habe bei der palliativen Sedierung nicht zu suchen, das hätten mehrere Gutachter und auch andere in dem Verfahren ausgesagt. Das Vorgehen von Dr. S. habe gegen alle Regeln verstoßen. Auch wenn die Patienten im Sterbeprozess waren: „Auch einem sterbenden Herz kann man den Rest geben“, so der Richter.

    Für den Angeklagte spreche, dass sich Gunther S. noch nie etwas habe zuschulden kommen lassen. Zudem werde der Schuldspruch, so er rechtskräftig werde, einschneidende beruflich Konsequenzen nach sich ziehen. Andererseits habe der Angeklagte auch seine berufliche Stellung und das Vertrauen von Patienten und Angehörigen ausgenutzt.

    Herb erklärte in seiner fast einstündigen Urteilsbegründung auch, es gebe vielleicht viele, die sich einen Dr. S. wünschen würden. „Letztlich möchte man aber als Angehöriger bei der Entscheidung über Leben und Tod gefragt werden.“

    Unklar ist, ob auch Staatsanwalt Martin Knispel Revision gegen das Urteil einlegen wird. Er hatte Gunther S. wegen Mordes angeklagt, doch das Gericht hatte die Anklage lediglich wegen Totschlags zugelassen. Das Verfahren gegen die zunächst mitangeklagte Krankenschwester Katja W. war im Februar gegen eine Geldauflage eingestellt worden.

    Gunther S. erklärt nach dem Urteil, er werde nun erst einmal nach Hause gehen. Zweimal in der Woche muss er sich bei der Polizei melden, so die Auflage des Gerichts.

    Charité-Arzt verurteilt : Totschlag kein Einzelfall, „Täter gelten als sehr engagierte, sehr empathische Menschen“
    https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/berlin-charite-arzt-verurteilt-totschlag-kein-einzelfall-taeter-gel

    #Allemagne #Berlin #iatrocratie #meurtre #euthanasie

  • Charité-Arzt in Berlin vor Gericht : Staatsanwalt fordert Mord-Urteil und lebenslange Haft
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/charite-arzt-in-berlin-vor-gericht-staatsanwalt-fordert-mord-urteil

    Quand le toubib euthanasit mémé c’est pas drôle, c’est du meurtre. Pour une fois un de ces criminels s’est fait prendre à cause d’une jeune infirmière pas encore cooptée par le clan des médecins meurtriers.

    25.4.2024 von Katrin Bischoff - Der Mediziner Gunther S. soll zwei schwer kranke Patienten totgespritzt haben – laut Staatsanwalt aus eigennützigen Motiven. Am Freitag soll das Urteil in Berlin fallen.

    Im Prozess gegen den Arzt der Charité, der auf der kardiologischen Intensivstation 47i zwei schwer kranke Patienten totgespritzt haben soll, hat Staatsanwalt Martin Knispel am Donnerstag eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes in zwei Fällen sowie ein lebenslanges Berufsverbot gefordert. Der 56-jährige Oberarzt habe heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen gehandelt, begründete der Vertreter der Anklage.

    Nach Knispels Angaben hat Gunther S. aus eigennützigen Motiven gehandelt, als er den schwer kranken Patienten, beide waren 73 Jahre alt, das Sedierungsmittel Propofol in völlig überhöhter Dosis gespritzt habe. Dadurch habe Gunther S. seine Stellung als Arzt ausgenutzt und seine Vorstellung von einem richtigen Zeitpunkt des Sterbens durchgesetzt.

    Knispels Forderung nach einer Verurteilung zur Höchststrafe kommt an diesem 23. Verhandlungstag überraschend. Zwar hatte der Staatsanwalt die Taten wegen Mordes angeklagt, doch ließ die Kammer die Anklage lediglich wegen Totschlags zu. Sie ging davon aus, dass Gunther S. auch aus Mitleid mit den schwer kranken Patienten gehandelt haben könnte.

    Eine junge Krankenschwester hatte das Verfahren gegen den Arzt ins Rollen gebracht. Laura M. hatte sich an die Vertrauensanwälte der Charité gewandt, die wiederum die Staatsanwaltschaft informierten. Die 28-Jährige gab auch vor Gericht an, dass sie am 22. November 2021 dabei gewesen sei, als Gunther S. nach einer zunächst erfolgreichen Reanimation eines Patienten die Krankenschwester Katja W. angewiesen haben soll, dem Schwerkranken Propofol zu spritzen. W. soll gezögert, doch nach nochmaliger Aufforderung die Spritze gesetzt haben. Der Patient war kurz darauf tot.
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    Auch am 23. Juli 2022 beobachtet Laura M., wie Gunther S. einer Patientin das Sedierungsmittel injiziert haben soll – in einer sehr hohen, tödlichen Dosis. Die Zeugin sei uneingeschränkt glaubhaft, sagt Knispel. Ein Komplott gegen Dr. S. schließt der Staatsanwalt aus.
    Gabe von Propofol nicht dokumentiert

    Der Angeklagte gab in dem Prozess zu, den beiden Patienten das Sedierungsmittel gespritzt zu haben – jedoch in wesentlich geringerer Dosierung. Er habe die im Sterben liegenden Patienten abschirmen, ihnen unnötiges Leid, Schmerzen und Todesangst ersparen wollen, begründete er sein Handeln. Das Einzige, was er sich vorwerfen müsse, sei, dass er die Propofolgabe nicht dokumentiert habe.

    Die Charité hatte den Oberarzt nach Bekanntwerden der Vorwürfe im August 2022 freigestellt. Im Mai vorigen Jahres wurde Gunther S. verhaftet, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen die zunächst mitangeklagte Krankenschwester Katja W. war nach Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden.

    Bevor Knispel an diesem 23. Verhandlungstag mit seinem Plädoyer begann, hatte der Pharmakologe Roland Seifert sein Gutachten erstattet – auf Antrag der Verteidiger. Seifert, Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover, erklärte, dass er im Blut der verstorbenen Patientin neben Propofol auch noch die Medikamente Mepivacain und Ketamin gefunden habe.

    Vor allem das Mepivacain habe ihn verwundert. Es werde nur zur Lokalanästhesie benutzt und habe in der Notfallmedizin nichts zu suchen. „Wie ist der Arzneistoff in dieser tödlichen Konzentration ins Blut gekommen?“, fragte Seifert. Und durch wen? Das sei nicht dokumentiert.

    Der Experte erklärte zudem, dass das Mepivacain der Patientin kurz vor ihrem Tod in einer hohen Menge verabreicht worden sein müsse. Zu den von Gunther S. selbst angegebenen Dosen Propofol meinte der Sachverständige, diese seien „definitiv zu hoch gewesen“.

    Name geändert

    #iatrocratie #meurtre #Berlin

  • Portugal’s Revolution Transformed the Politics of Europe - An interview with Raquel Varela
    https://jacobin.com/2024/04/carnation-revolution-fifty-years-european-politics


    The Carnation Revolution In Lisbon, Portugal, on April 25, 1974. Photo Jean-Claude Francolon / Gamma-Rapho

    Je me rappelle, quel moment de joie !

    25.4.2024 Interview by Daniel Finn

    For almost half a century, Portugal was ruled by a right-wing dictatorship. António Salazar became the leader of the so-called Estado Novo in the same year Franklin Roosevelt entered the White House, and his successor Marcelo Caetano was still in power when Richard Nixon was reelected as president four decades later.

    Fifty years ago today, on April 25, 1974, a group of junior army officers carried out a plan to overthrow the dictatorship. The Carnation Revolution brought down the Estado Novo and kick-started a period of intense political upheaval. Its legacy can still be felt in Europe half a century later.

    Raquel Varela is a professor of history at the New University in Lisbon and the author of several books, including A People’s History of the Portuguese Revolution and a graphic novel about the Carnation Revolution. This is an edited transcript from Jacobin’s Long Reads podcast. You can listen to the interview here.

    Daniel Finn

    What was the nature of the Salazar-Caetano dictatorship that had ruled over Portugal since the 1920s?

    Raquel Varela

    There is a debate on what the Salazar regime represented, with several approaches. We have a left-wing approach connected with the tradition of the pro-Soviet Communist Party. These historians present the regime of the Estado Novo mainly as a regime that was highly conservative, fascist, anti-liberal, and hostile to parliamentary rule, representing the ultraconservative fraction of the bourgeoisie.

    Then you have a second approach, closer to the political science of figures like Samuel Huntington, which became very influential after the 1990s. This approach divides up the world in very simple terms between liberal-democratic and authoritarian regimes.

    There is another analysis that Leon Trotsky developed in his analysis of fascism in Germany, which was influenced by Karl Marx’s discussion of Bonapartism in nineteenth-century France. This approach sees a Bonapartist-type regime as a fake arbitrator that is seemingly trying to organize the classes in conflict with one another in a neutral way but is really acting in favor of the bourgeoisie.

    I would say that the Estado Novo was a Bonapartist regime, with Salazar as the apparently neutral figure. But I should underline that the difference between Bonapartism and fascism is not a question of violence. Both types of regime are deeply violent against the organized working classes.

    The main difference is that when we use the word fascism, we are referring to a civil war against the working class. Because of the threat of revolution, the bourgeoisie cannot use the army to defeat the workers, so they use militias instead. In Bonapartism, on the other hand, you can use the army, because the leadership of the working classes has already been defeated and there is no real threat of a social revolution.

    In the period of the Estado Novo, which went from the military dictatorship of the 1920s until the Carnation Revolution in 1974, what we had was mainly a Bonapartist regime seeking to carry out capitalist modernization, incorporating the peasantry and the working class while prohibiting trade unions and political parties. The state guaranteed certain companies monopoly control over a sector. There was also a regime of forced labor in the colonies.

    Daniel Finn

    What impact did the colonial wars in Africa have on Portugal itself?

    Raquel Varela

    The anti-colonial process began in 1961 with the uprising in Angola. At the same time, you had growing investment in Africa by US and European companies. They wanted the petrol and cotton in Angola as well as other materials in Mozambique that were important for this new moment of capital investment.

    In this context, the liberation movements in Portugal’s colonies were deeply influenced by anti-colonial revolutions and organizations in countries like Algeria and Ghana, which served as an inspiration for Guinea-Bissau, Angola, and Mozambique. In 1961, there was a strike by cotton workers in the forced-labor regime of Contanang, a Belgian-Portuguese company, in northern Angola.

    The Portuguese army responded by using napalm. We don’t know exactly how many workers were killed — the estimated figure is five to ten thousand. In response to this massacre, there was a massacre of white settlers in Angola.

    With tensions rising, the Soviet-influenced People’s Movement for the Liberation of Angola (MPLA) decided to start an armed struggle against Portuguese rule. The armed struggle in Guinea-Bissau begin in 1963, after the defeat of a strike by the dockworkers. In Mozambique, it began in 1964 after another strike by forced laborers who came from several different parts of the country. There was a close relationship between Angola and Mozambique and the white-settler dictatorships in South Africa and Rhodesia, as workers from the Portuguese colonies were forced to go work in the mines in those countries.

    Portugal at the time had a population of fewer than ten million people. Between 1961 and 1974, 1.2 million people were recruited to fight in the colonial war. This included black people from the colonies, but a large part of this force came from Portugal itself. Practically all Portuguese families, unless they belonged to the upper class, had sons, nephews, or cousins who went to fight in Africa.

    Ten thousand Portuguese soldiers died, while two hundred thousand were injured. An estimated one hundred thousand people died in Angola, Mozambique, and Guinea-Bissau. This had a huge impact in Portugal. One and a half million workers escaped to countries like France, Luxembourg, and Switzerland, fleeing from poverty and enlistment in the war.

    At the same time, with greater foreign investment in Portugal, the urban population was now bigger than the rural one for the first time. This new urban population went massively to the cities of Lisbon, Porto, and Setubal, where they worked in big factories, most of which were joint enterprises of Portuguese and foreign capital. In the colonies, forced labor was officially abolished in 1961 but continued in practice until the demise of Portuguese rule in 1974–75.

    Amílcar Cabral in Guinea-Bissau was a very important leader who deserves to be better known. Together with Che Guevara and Morocco’s Mehdi Ben Barka, he played a very important role in developing an internationalist and socialist approach toward the struggle for national independence.

    Portugal was losing the war and was isolated on the international stage, with institutions like the UN favoring the end of colonialism. The desertion rate in the early 1970s was around 20 percent of soldiers in the army. At the same time, however, companies in France, Britain, and other countries continued to sell weapons to Portugal. About two-fifths of the state budget was being used to pay for the colonial war, in a country where people living on the outskirts of Lisbon had no access to running water and had to bring water to their homes by hand.

    Daniel Finn

    How did the Armed Forces Movement (MFA) take shape in response to the wars in Africa?

    Raquel Varela

    It was a movement of captains from the middle ranks of the army who were neither generals nor ordinary soldiers. They could understand that it was impossible to win the war militarily. They started off organizing in defense of their own corporate interests, but they later decided to mount a coup to end the colonial war. They also put forward a vague program of democratization.

    Their conspiracy involved around two hundred officers. They agreed to stage the coup of April 25, 1974. These officers mainly came from Guinea-Bissau, where the army was heavily defeated and the liberation movement had already declared independence, though without being recognized by the Portuguese state. There was involvement by officers from Angola and Mozambique as well.

    They organized themselves to mount a very successful coup. The regime did not know what was going to happen, and neither did the spies of the US embassy. It came as a huge surprise to people around the world. The MFA took control of the main military, communications, and transport sectors, telling people not to leave their homes.

    However, many people disobeyed these instructions, taking to the streets or going to their workplaces. Suddenly you had thousands of people in the streets, embracing the soldiers, with children playing on their tanks. Everyone was smiling and celebrating.

    The regime had forbidden trade unions and political parties. The Communist Party was organized as an underground party with around three thousand members. There were other left-wing groups, mainly Maoists but also some Trotskyist organizations and others inspired by the guerrillas of Latin America. Together these groups had another three thousand or so cadres, mostly coming from the universities and the opposition of young people to the colonial war.

    After Israel, Portugal was the country with the highest percentage of its population incorporated into the army anywhere in the world. The war in Africa was a key factor in the radicalization of young people and the development of Marxist intellectuals and leadership teams in Portugal.

    In the absence of legal parties or unions, the people themselves went to their workplaces: doctors, nurses, teachers, actors, factory workers. They began to elect their own representatives from popular assemblies, with a mandate that could be revoked if they did not carry out their instructions. Thus was born a situation of dual power, which is a feature of most revolutions.

    Within days of the revolution, you had the formation of workers’ commissions and neighborhood councils in the empty space left by the absence of unions and parties. Already on April 25, workers started going to the headquarters of the state censorship body and the political police, occupying those buildings and releasing prisoners.

    They also went to the headquarters of the state-sponsored trade unions and occupied them. They went to the municipal headquarters and began electing provisional commissions, while electing neighborhood commissions outside as well. These were incredible, beautiful days when we saw people making decisions in a way that they had never done before in their lives.

    First of all, a national salvation junta was formed under General António de Spínola, which was trying to keep the state intact. But Spínola wanted to maintain the political police in the colonies and move toward a situation of neocolonialism. The mid-ranking officers of the MFA were totally against this, as they wanted to stop the war immediately. This created a division inside the MFA between the pro-Spínola faction and their opponents, who were the majority and won out.

    The workers’ councils, known as commissions in Portugal, called a large number of strikes. There were two million people in the streets on May Day, the first one that could be celebrated in forty-eight years. They were putting forward demands for a minimum wage, an eight-hour working day, rest days on Saturday and Sunday, extra pay for night work, etc. These demands were already on the agenda in the streets a week after the revolution.

    Mario Soares was the leader of the Socialist Party, which had been founded in West Germany at the beginning of the 1970s. It was a vanguard party, like the Communists, but even smaller. The Socialists did not play an important role in the opposition to the dictatorship, unlike the Communist Party or the Maoists. But Soares had the support of the United States and the West German Social Democrats, who transferred large amounts of money to fund his party.

    Immediately there was a big discussion in Spain, which was still ruled by the Franco regime, about how to avoid what they called the contagious effect of the Portuguese Revolution through opening up the regime. In Greece, the dictatorship of the colonels fell in July 1974, and the first legal newspapers were celebrating the Carnation Revolution. The US president Gerald Ford spoke about the danger of a Red Mediterranean, because there were also big Communist Parties in France and Italy at the time.

    In this context, Soares and the Communist leader Álvaro Cunhal returned from exile, and they were invited to form the first provisional government. This government also included the right-wing party, which called itself the Social Democratic Party because of the impact of the revolution.

    They wanted to bring Cunhal and his party into the government in order to control the workers’ movement. In doing so, they broke the Cold War taboo against Communist participation in government, hoping that the coalition would be able to control the social movement, although that didn’t happen.

    Daniel Finn

    What were the main tendencies or differences of opinion that existed within the MFA itself?

    Raquel Varela

    The revolution developed and radicalized at the top. In 1975, the national banks were expropriated because they were under workers’ control. The big companies were also under workers’ control, and the small companies were under self-management — more than six hundred companies in total. The hospitals were run by doctors, nurses, and technicians. Even the cleaning lady had the vote in a hospital!

    Three million people out of a population of ten million were involved in workers’ commissions, protests, and strikes. This was an incredible figure. I think that Paul Sweezy was right to say that the Portuguese Revolution was a kind of twenty-first century revolution, because there was already a huge service sector, with the proletarianization of physicians, professors, and technicians, who played an incredible role in the workers’ councils.

    These all had a major impact on the MFA, which began to divide in line with the various projects that were being put forward in Portuguese society. One part of the MFA was supporting the strategy of the Communist Party to divide state power with the Socialists. Another part, led by Otelo Saraiva de Carvalho, was very engaged with the idea of popular power through workers’ commissions and neighborhood councils, and even with a Guevarist idea of a left-wing putsch. There was a clear process of “sovietization” in the army during 1975.

    There was also an element with the MFA that went to the right, and there were two attempts at right-wing coups that were defeated. In the part of the MFA that supported popular power, there were some who were aligned with the officials of the Communist Party. The party leadership accepted the division of Europe into spheres of influence with Portugal under NATO, so there was no support for a revolutionary process in Portugal, but they were disputing control of the state with the Socialists.

    I should mention that the Communist Party, having started off with three thousand members, had one hundred thousand after a year of the revolution. The Socialist Party, whose membership could almost have fitted in a taxi, now had eighty thousand members. The far-left groups could sell thousands of copies of their weekly publications. There was an intense process of politicization affecting the majority of Portuguese society, and this had a huge impact on the military.

    The strategy of the Communists and the Socialists at the beginning was to be in the state together and divide power, albeit with tensions. After the radicalization of the revolution in 1975 there was a split between them. But the big question was how to rebuild the state and end the crisis of the state, which could only have been achieved by weakening the workers’ and neighborhood councils.

    Daniel Finn

    What impact did the revolution have upon Portugal’s colonies?

    Raquel Varela

    Immediately, there were huge demonstrations, mainly of the far left, saying, “We don’t want even a single soldier to go to the colonies.” That was the main demand. After April 25, there were several strikes by railway workers and agricultural workers in Mozambique and Angola. The soldiers refused to carry on fighting. Guinea-Bissau first became independent, then Mozambique, and finally Angola, which attracted much more attention from the United States, the Soviet Union, and China because of its oil reserves.

    Daniel Finn

    Could you tell us a little more about the reaction of the United States and the major West European states to what was happening in Portugal? How did they seek to intervene over the course of 1974 and 1975?

    Raquel Varela

    There was a divide among US government officials. Henry Kissinger apparently did not agree with the view of Frank Carlucci, the US ambassador to Lisbon. Carlucci believed that all US support should be given to the Socialists in the elections of April 1975. This was the idea of what we might call the “democratic counterrevolution.”

    Instead of using the same approach that they used against Salvador Allende in Chile, which would merely have provoked the spread of the revolution to other countries in Europe, they promoted transitions guided from above, first in Portugal and then in Spain. Later the same model was applied in Chile, Brazil, and Argentina during the 1980s. I call this the “Soares Doctrine.”

    Jimmy Carter was very clear in supporting this idea of democratic counterrevolution. There were strong anti-American feelings rooted in Portuguese society, so the support for Soares was channeled through the West German Social Democrats and also through Spain, which always had a close relationship with Portugal.

    Portugal was definitely the cause of the Spanish transition to democracy — there is no question about that — and it had a huge impact on Greece. I believe that the Portuguese revolution also postponed the coming of neoliberalism for a decade, because of the example and inspiration that it gave people throughout southern Europe. Neoliberalism had to be postponed until the mid-1980s. Portugal’s revolution was isolated and that is why it was defeated, but it still had a major impact on the Mediterranean countries.

    Daniel Finn

    Along with that wider impact on the European scene, what would you say were the main legacies of the revolution for Portugal in subsequent decades and up to the present day?

    Raquel Varela

    Most of the people who made the revolution were in their twenties and thirties at the time. For the next forty years, these people were alive, and they were the majority. They were strong enough not to allow the extreme right to exist as a political force in Portugal. There were big improvements to health, education, and other public services, and social policies to encourage greater equality, although those services and policies have been in crisis over the last twenty years.

    The legacies of the revolution are complex, because some of them are contradictory. In revolutionary processes like the one in Portugal, you always have to try and identify what is the legacy of the revolution and what is the legacy of the counterrevolution.

    There were very important achievements in terms of the welfare state and workers’ rights. After the revolution was ultimately defeated by the coup of November 1975, we had a type of regulated capitalism for an important section of the working classes until the 1990s, or perhaps until 2008 for the older generation. After that point, virtually nobody was under protection.

    April 25 is the national day of celebration in Portugal for the popular classes. At the same time, we can see how backward the country is now, with so much poverty. Portugal has become a place of low wages and long working hours for everyone, even qualified workers. The working class cannot afford the cost of housing in the cities. In the south, you have workers from Nepal living in terrible conditions, working for British or Portuguese companies, staying here five years to get permission to go to Central Europe.

    This, of course, is not the legacy of the revolution — it is the legacy of the counterrevolution. Portugal is a small, semiperipheral country with a backward bourgeoisie that made a backward society. The one time that this country could give people a way to live decently was when the working class took their destinies into their own hands.

    This is the most incredible thing for us to study: how these people who were totally outside of politics, many of whom would have been conservative in their own lives, or had very confused ideas, suddenly became involved and transformed themselves while transforming the country. In my opinion, this is our hope for the future. When people take the country into their own hands, we see how far they can reach to transform it and transform themselves.

    #Portugal #révolution #anniversaire

  • Streit um Hühner eskaliert : Berlinerin verprügelt und verletzt zwei Tierärztinnen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/streit-um-huehner-eskaliert-berlinerin-verpruegelt-und-verletzt-zwe

    A Berlin tu n’a même plus le droit de sortir tes poules soie. Une promeneuse qui a défendu ses poules contre des fonctionnaires vétérinaies vient d’être condamnée à une peine de 120 jours à 10 Euros pour coups et blessures.

    24.4.2024 von Andreas Kopietz - Sie liebt ihre Seidenhühner und dachte, die Mitarbeiterinnen vom Veterinäramt Treptow-Köpenick wollten sie ihr wegnehmen. Nun fällt das Amtsgericht Tiergarten ein Urteil.

    Das Seidenhuhn ist eine sehr hübsche Geflügelrasse. Das Huhn ist klein, und sein Federkleid mutet recht plüschig an. Dem aus Asien stammenden Vogel wird ein äußerst sozialer Charakter nachgesagt. „Auch wegen ihres harmonischen Wesens können sie als perfekte Anfängerhühner empfohlen werden“, heißt es auf einer Züchterseite im Internet.

    Eine Anfängerin in der Hühnerhaltung war Mandy R. damals auch. Anfang vergangenen Jahres überließ ihr jemand zwei Seidenhühner, die sie fortan in ihrer Wohnung in Niederschöneweide hielt. „Sie war sehr verliebt in ihre Hühner“, sagt ihre Verteidigerin, als sich die 41-jährige Mandy R. an diesem Mittwoch vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verantworten muss. Was war passiert?

    Am 23. Januar gackerten die Tiere in ihrer Wohnung zu laut. Sie wollte mit ihnen deshalb an die Luft, wie die Angeklagte sagt. Also steckte sie die Hühner in ihre Handtasche und fuhr mit ihnen ans Spreeufer. Zwei Mitarbeiterinnen des Veterinäramtes von Treptow-Köpenick und eine Praktikantin waren zufällig auch dort. Sie wollten eigentlich einen Hund überprüfen. Aber sie sahen, dass die Frau eines der Hühner im Gras picken ließ. Die Tierärztinnen wollten wissen, ob die Vögel angemeldet und registriert sind.

    Sie gingen zu der Frau, und eine Beamtin zeigte ihr ihren Ausweis. Sie wiesen darauf hin, dass man die Hühner nicht in einer Handtasche transportieren dürfe. Wegen der Geflügelpest durften Hühner auch nicht frei herumlaufen. Außerdem seien Seidenhühner kälteempfindlich. Sie forderten Mandy H. auf, ihre Personalien anzugeben.
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    Mandy H., eine dünne Frau, die nervös auf dem Stuhl im Gerichtssaal herumrutscht, sagt: „Sie haben sich nicht ausgewiesen, sie sind auf mich zu gerannt und haben mir die Tasche mit den Hühnern aus der Hand gerissen. So was macht man ja nicht. Da hab’ ich rotgesehen.“ Sie habe gedacht, man wolle ihr die Hühner stehlen.
    Die Hühner sollten nicht beschlagnahmt werden

    Tierärztin Janine B., die als Zeugin geladen ist, sagt: „Es war gar nicht geplant, die Hühner sicherzustellen. Ich war erstaunt, wie schnell sich das alles hochspulte.“ Nach ihrer Schilderung stopfte die Frau das Huhn zu dem anderen Huhn in die Tasche und verdrehte dabei auch noch den Kopf des Tieres. Mit artgerechtem Transport hatte das alles nichts zu tun. Dann warf die Frau die Handtasche über ihre Schulter und schwang sich aufs Fahrrad, worauf sich ihr die Ärztin in den Weg stellte.

    Nun griff Mandy R. die Tierärztin an. Sie nahm Janine B. in den Schwitzkasten und schlug sie. Deren Kollegin nahm die Hühnertasche, worauf die Angreiferin von der Tierärztin abließ und nun auf deren Kollegin einschlug. Als die Angreiferin erneut auf Janine B. losging, gelang es der Kollegin, die Tasche im Kofferraum ihres Dienstautos zu verstauen. Die Praktikantin wählte derweil den Notruf der Polizei. Mandy H. rief immer wieder: „Das sind meine Hühner!“

    „Ich verstehe ja, sie war allein und wir zu dritt. Aber warum muss sie mich denn angreifen?“, fragt Janine B. „Wir haben ihr mehrmals gesagt, dass wir vom Veterinäramt sind. Sie hat es wohl nicht wahrgenommen“, räumt sie ein.

    Die Veterinärin war danach krankgeschrieben. Sie hatte Schmerzen an Hals, Schulter und Rücken. Ihre Kollegin hatte ein geschwollenes Augenlid, eine Schädelprellung und eine Halswirbelsäulen-Verstauchung. Die Seidenhühner kamen ins Tierheim. „Sie sahen nicht gut aus“, sagt die Beamtin.

    Richterin: „Ich denke, Sie sind hier ganz gut weggekommen“

    Was anmutet wie ein skurriler Streit, ist ein weiterer Punkt in einem Leben voller Probleme. Mandy H., von Beruf Schneiderin, lebt von Sozialhilfe. Sie hat Schulden. Diese resultieren wohl auch aus ihren vielen Geldstrafen. Sechs Verurteilungen wegen Diebstahl stehen im Zentralregister, davon einmal zu zwei Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung.

    Für tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen kann Haft zwischen drei Monaten und fünf Jahren drohen. Die Richterin folgt dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt die Frau wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu 120 Tagessätzen zu je zehn Euro. Die Kosten des Verfahrens muss sie ebenso tragen.

    Sie habe die Veterinärärztinnen „enorm angegangen“, begründet die Richterin. „Sie haben auch erhebliche Vorstrafen. Ich denke, sie sind hier ganz gut weggekommen.“

    Schon vor dem Urteil hatte die Anwältin gesagt, dass ihre Mandantin die Hühner gern besuchen würde. Und Mandy H. sagte zu der Tierärztin: „Es tut mir leid. Ich möchte mich entschuldigen.“

    • On observe une nette progression de l’absurde ;-)

      L’article raconte la rencontre malencontreuse d’amour pour les animaux chez les pauvres avec l’acharnement hyper-protecteur de la part de fonctionnaires bien-pensantes.
      L’amour des bêtes n’est le bienvenu que s’il se passe dans les règles imposées par les bobos verts. L’interdiction des fiacres à Berlin sous prétexte de protection des chevaux est un phénomène comparable.
      Mais voyons, en temps de guerre on peut au moins s’occuper du bien-aller des pauvres bêtes !

      Berlin : Kutschenverbot auf Pariser Platz
      https://www.dw.com/de/berlin-kutschenverbot-auf-pariser-platz/a-42314650

      Seit Jahren sind die Pferdekutschen in der Diskussion. Für ihr Verbot aus Tierschutzgründen sammelten Aktivisten 2017 in einer Online-Petition rund 100.000 Unterschriften, Befürworter pochen auf die Tradition und Betreiber sehen sich in der Ausübung ihres Gewerbes bedroht.

      Nun dürfen Pferdekutschen das Brandenburger Tor als eine der wichtigsten Touristenattraktionen nicht mehr über den Pariser Platz anfahren. Der ganze Platz ist für die Kutschen gesperrt.

      Das Befahren des Pariser Platzes und der Aufenthalt dort kann verboten werden, auch weil es keine Möglichkeiten zum Trinken und Ausruhen für die Tiere gibt und im Sommer keine Schattenplätze. Schon länger dürfen die Pferdekutschen nicht durch das Brandenburger Tor fahren, da dort keine Fahrbahn existiert.

      2016 waren noch ca. 20 Pferdekutschen vor allem für Touristen unterwegs. Beschwerden über die Verschmutzung durch Pferdekot, Anzeigen wegen Tierquälerei und Unfälle mit Pferdekutschen sorgten immer wieder für Aufregung.

      Für die Zulassung von Pferdekutschen im Straßenverkehr sind die zwölf Berliner Bezirksämter zuständig. Im Stadtbezirk Mitte, wo die meisten Touristen unterwegs sind, gibt es auch die meisten Kutschen.

      Bisher galt in Berlin die Leitlinie für Pferdefuhrwerksbetriebe von 2009. Danach dürfen nur gesunde, gut genährte und gepflegte Pferde ab einem Alter von fünf Jahren als Zugpferde eingesetzt werden. Ihr Arbeitstag darf inklusive Anspannen, Anfahrt zum Standplatz, Rundfahrten, Heimfahrt vom Standplatz und Ausspannen neun Stunden nicht übersteigen.

      Bereits seit 2014 dürfen auf dem weltberühmten Platz keine verkleideten Straßenkünstler mehr auftreten oder Spendensammlungen stattfinden. Ausgenommen sind Musiker und Pflastermaler, die keine Gegenstände abstellen.

      aktion tier – Menschen für Tiere e.V. : Kutschpferde
      https://www.aktiontier.org/artikel/kutschpferde

      Viele Menschen lassen sich immer noch gerne in Kutschen von Pferden durch die Gegend ziehen. Doch dieser vermeintliche Spaß ist Tierquälerei und auch für die Insassen ziemlich gefährlich.

      Voilà la bonne parole. On est loin de ce que décrit Brecht dans « Ein Pferd klagt an. »

      https://www.youtube.com/watch?v=Y2pK8t2tJ64

      #animaux #wtf

  • Threads (1984)
    https://archive.org/details/1984-threads-remastered

    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Threads_(1984_film)

    Threads is a 1984 British-Australian apocalyptic war drama television film jointly produced by the BBC, Nine Network and Western-World Television Inc. Written by Barry Hines and directed and produced by Mick Jackson, it is a dramatic account of nuclear war and its effects in Britain, specifically on the city of Sheffield in Northern England. The plot centres on two families as a confrontation between the United States and the Soviet Union erupts. As the nuclear exchange between NATO and the Warsaw Pact begins, the film depicts the medical, economic, social and environmental consequences of nuclear war

    Die Rückkehr der Atombombe: Vom Kollaps der Vernunft - 23.4.2024
    https://www.telepolis.de/features/Die-Rueckkehr-der-Atombombe-Vom-Kollaps-der-Vernunft-9694598.html

    #guerre_froide #guerre_nucléaire #film #fiction

  • Nordkoreanischer Server-Fehler legt illegale Zeichentrick-Arbeit​ offen
    https://www.heise.de/news/Nordkorea-Trickfilmstudio-umgeht-Sanktionen-9694339.html

    Cer article nous informe sur le rôle de l’internet pour le dumping salarial pratiqué par les plateformes de distribution et studios de production comme Netflix afin de réduire le coût de leurs films et séries d’animation. L’article mentionne aussi la BBC ou on a cessé de ne produire qu’en Grande Bretagne. On emploie des sous-traitants dans des pays où les dessinateurs ne sont pas syndiqués. Évidemment on trouve les salaires les moins élevés en Corée du Nord, où toute la population travaille sous les conditions horribles qu’impose la famille au pouvoir.

    L’histoire n’est pas présentée sous cet angle. La notion de dumping salarial par Internet n’est pas mentionnée. On s’intéresse à la question comment les Coréens du Nord contournent les sanctions imposées par l’Occident et on identifie le coupable, suprise, la Chine.

    C’est normal, on évite de critiquer les plateformes capitalistes anti-sociales qui sont à la base de ces abus, mais on obtient le soutien de réseaux puissants quand on s’en prend à l’ennemi numéro un des cercles du pouvoir de son propre pays.

    23.4.2024 von Daniel AJ Sokolov - Nordkorea verdient weiterhin Devisen mit Zeichentrickfilmen. Die Mittelsmänner sitzen in China. Auftraggeber müssen besser aufpassen.​

    Nordkoreas Regime verschafft sich weiterhin Einnahmen durch den Export von Zeichentrickfilmen und umgeht damit internationale Wirtschaftssanktionen. Aufgedeckt hat dies Nick Roy, ein eifriger Beobachter der überschaubaren Online-Präsenzen Nordkoreas. Er hat 2023 einen Server unter einer nordkoreanischen IP-Adresse gefunden, der falsch konfiguriert war, sodass umfangreiches Datenmaterial frei einsehbar war.

    Das berichtet das Stimson Center. Gefunden hat Nick Roy demnach neben Logs vor allem Dateien, die die täglichen Arbeitsfortschritte eines nordkoreanischen Animationsstudios einerseits, und Arbeitsanweisungen andererseits, zeigen. Hinzu kamen Dateien, deren Zweck sich nicht zweifelsfrei erschließt, beispielsweise ein chinesischer Film über Basketball oder russische Anweisungen zur Haltung von Pferden. Die Anweisungen für das Trickfilmstudio waren auf Chinesisch abgefasst und mit nordkoreanischen Übersetzungen versehen.

    Einige der Projekte, an denen in Nordkorea gearbeitet wird, konnte Roy gemeinsam mit von ihm beigezogenen Mitarbeitern des Stimson Center identifizieren: Staffel 3 der Amazon.com-Serie Invincible, eine neue Superhelden-Zeichentrickserie für HBO Max, sowie eine neue japanische Serie. Außerdem lagen da neben einer nicht identifizierten chinesischen Produktion auch die BBC-Zeichentrickserie Octonauts, an denen aber offenbar in Nordkorea nicht (mehr) gearbeitet wurde.
    Verschleierter Export

    Hinweise darauf, dass die Geldgeber in den USA und Japan wussten, dass ihre Aufträge in Nordkorea erledigt werden, sind nicht bekannt. Mandiant, eine auf IT-Sicherheit spezialisierte Google-Tochter, hat die Serverlogs analysiert. Dabei hat Mandiant festgestellt, dass Zugriffe auf den Server aus Nordkorea, über virtuelle private Netzwerke (VPN), sowie direkt über IP-Adressen aus Spanien und China erfolgt sind. Gemeinsam mit den chinesischen Anweisungen deutet dies darauf hin, dass chinesische (Sub-)Unternehmen Aufträge annehmen und an die billigeren Arbeiter in Nordkorea auslagern.

    Die Erbdiktatur ist schon seit Jahrzehnten im Zeichentrickgeschäft. Einen interessanten Einblick in die Abläufe vor Ort im Jahr 2001 verschafft das Comicbuch „Pjöngjang“ des kanadischen Zeichners Guy Delisle. Er war damals im Auftrag des französischen TV-Senders TF1 zwei Monate in der nordkoreanischen Hauptstadt, um die Arbeiten vor Ort auf Schiene zu bringen. Aufgrund nordkoreanischer Atomwaffentests im Jahr 2006 haben die Vereinten Nationen ab diesem Jahr schrittweise immer strengere Wirtschaftssanktionen verhängt, sodass die 2001 noch legale Kooperation inzwischen international verboten ist.

    Das Regime versucht natürlich laufend, die Sanktionen zu umgehen. Zu den Methoden gehören unter anderem Onlineverbrechen, Waffen- und Drogenhandel, Scheinfirmen, Machenschaften von Diplomaten, Handel unter falschen Angaben, die Verschiffung von Arbeitskräften in abgeriegelte Fabriken in verschiedenen befreundeten Ländern, Bauarbeiten in befreundeten Staaten, und der verschleierte Export von Dienstleistungen. Dazu gehören neben Zeichentrickfilmen beispielsweise IT-Aufträge aller Art. Dabei übernehmen Nordkoreaner unter falschen, nicht-koreanischen Identitäten Aufträge oder lassen sich sogar für Heimarbeit anstellen.
    Westliche Firmen müssen besser aufpassen

    Das FBI und die Regierung Südkoreas drängen westliche Firmen schon seit Jahren darauf, vorsichtiger zu sein, die Identität ihrer Auftrags- oder Arbeitnehmer genauer zu prüfen und auch Subunternehmern auf die Finger zu schauen. Im Oktober ist eine neue Liste mit Empfehlungen erschienen. Wer Opfer nordkoreanischer Irreführung wird, solle das dem FBI, dessen südkoreanischem Partner NIS und der südkoreanischen Polizei melden.

    Im Herbst hat das US-Justizministerium über die Beschlagnahme von 1,5 Millionen US-Dollar sowie 17 Internetdomains berichtet, über die Nordkorea unter falschen Angaben IT-Dienstleistungen vertrieben hat. Erwischt wurde auch ein Amerikaner, der vier Laptops an seinen privaten Internetanschluss gehängt hatte. Dafür erhielt er 400 US-Dollar monatlich. Die Laptops dienten demnach nordkoreanischen IT-Arbeitern als Relay, damit es für Dritte so aussah, als würden sie einen privaten Internetzugang in den USA nutzen. Außerdem stellte der Amerikaner ein unter seinem Namen bei einer Onlineplattform eingerichtetes Konto zu Verfügung und schickte die damit generierten Einnahmen abzüglich einer Kommission nach China – monatlich tausende Dollar.

    #Netflix #HBO #BBC #TF1 #Paypal #dumping_salarial #FBI
    #Corée_du_Nord #Chine #film_d_animation

  • Wissing will 150 Millionen Euro für Flugtaxis
    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/volocopter-wissing-will-150-millionen-euro-fuer-flugtaxis-19610407.html

    25.03.2024 - Verkehrsminister Volker Wissing will Millionen in ein Flugtaxi-Unternehmen investieren. Dabei steht die Firma Volocopter wirtschaftlich nicht gut da – und die FDP wollte eigentlich sparen.

    Futuristische Flugtaxis, die sich durch die Skyline Frankfurts schlängeln, über die Champs-Élysées oder das römische Kolosseum schweben? Das Start-up Volocopter aus der Nähe von Karlsruhe will das so ähnlich schon dieses Jahr schaffen – braucht dafür allerdings eine Finanzspritze. Laut einem Bericht des „Spiegel“ will Verkehrsminister Wissing (FDP) nun 150 Millionen Euro in das Unternehmen Volocopter investieren. Gemeinsam mit dem Freistaat Bayern würde das Verkehrsministerium das Geld zahlen, der Bund muss allerdings vorfinanzieren.

    Diese Fördersumme ist umstritten: Wirtschaftsprüfer der Frankfurter Firma PricewaterhouseCoopers (PWC) sollen Wissing nach „Spiegel“-Informationen „deutlich davor gewarnt“ haben. In einem geheimen Gutachten soll nun von einem „Hochrisiko-Investment“ gesprochen worden sein, so heißt es in dem Medienbericht. Das Land Baden-Württemberg hatte die Förderung im vergangenen Jahr bereits wegen dieses Risikos abgelehnt.

    Volocopter braucht dringend Kapital. Auch deshalb wird die Investition wohl als so riskant eingestuft. Auf Anfrage des „Spiegel“ sprach die Firma von einem „extrem herausfordernden Investitionsumfeld“. Das Unternehmen aus Bruchsal steht vor mehreren Herausforderungen: Zum einen ist die Faszination für das Flugtaxi womöglich höher als der tatsächliche wirtschaftliche Erfolg, außerdem sind die Entwicklungskosten und der Energiebedarf für die Volocopter hoch. Das heißt, 150 Millionen Euro Steuergelder könnten in ein Unternehmen fließen, dessen Zukunft ungewiss ist.
    FDP pochte auf Sparmaßnahmen

    Die Koalition muss indes sparen. Vor knapp zwei Wochen haben die Verhandlungen über den Haushalt für 2025 begonnen – herausfordernd ist dabei vor allem die Lücke, die nach Schätzungen 25 Milliarden Euro betragen dürfte. Von den Sparmaßnahmen ist auch Wissings Verkehrsministerium betroffen. Die 150 Millionen Euro Förderung für Volocopter passen dabei nicht recht ins Bild.

    Das deutsche Unternehmen setzt sich derweil ehrgeizige Ziele. Volocopter will der erste Anbieter sein, der Passagiere per E-Flugtaxi befördert – und das noch in diesem Sommer. Mehrere Medienberichte schätzten den Zeitpunkt allerdings als unwahrscheinlich ein. Selbst die Sprecherin der Firma sprach im Februar von einem sportlichen Zeitplan.

  • Tödlicher Polizeieinsatz in Nienburg: Bei Notruf Todesschuss
    https://taz.de/Toedlicher-Polizeieinsatz-in-Nienburg/!5999138

    3. 4. 2024 von Michael Trammer - Am Karsamstag erschoss die Polizei einen 46-jährigen Gambier. Die Schilderungen mehrerer Au­gen­zeu­g*­in­nen und ein Video werfen Fragen auf.

    Eine Gruppe Po­li­zis­t*in­nen steht hinter einem Gartenzaun in der Friedrichstraße, nahe dem Nienburger Bahnhof. Ein Hund bellt. Auf einmal taumelt ein Mann nach vorn und wedelt mit einem Messer, das im Video nur als ein Haufen Pixel zu erkennen ist. Zwei Schüsse fallen. Der Mann kauert sich zusammen, steht und blickt sich um. Das Bild schwankt. Dann sind weitere fünf Schüsse zu hören und der Mann kollabiert. Nach einer kurzen Pause fällt ein weiterer, zeitlich abgesetzter Schuss.

    Diese Szene zeigt ein Handyvideo, das auf Social Media viral gegangen ist und der taz im Original vorliegt. Es sind die letzten Sekunden im Leben des 46-Jährigen Gambiers Lamin Touray, der vor Ort an den Schusswunden starb.

    Wie die „Tagesschau“ berichtet, trafen ihn laut Obduktionsbericht acht Schüsse, zwei davon tödlich. Eine Polizistin wird bei dem Einsatz durch eine Polizeikugel im Bein schwer verletzt. Drei Tage nach den Ereignissen sind viele Fragen offen. Wie kam es zu der Situation, warum lief diese so aus dem Ruder und waren die Schüsse Notwehr?

    Gegen die 14 eingesetzten Be­am­t*in­nen wird wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Zuständig sind das angrenzende Polizeirevier und die Staatsanwaltschaft Verden. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Verden zeigt das Video in den sozialen Medien einen zeitlich und optisch stark verkürzten Ausschnitt des Polizeieinsatzes. Bodycam-Aufnahmen der Po­li­zis­t*in­nen würden ausgewertet.
    Zeugen erschüttert

    Einer, der etwas Licht ins Dunkel bringen kann, ist Omar T., ein Freund des Getöteten, der ebenfalls aus Gambia stammt. Omar T. wurde Augenzeuge des tödlichen Einsatzes. Mit ernster Miene blickt er über den Ort des Geschehens. An der Straße haben An­woh­ne­r*in­nen eine kleine Gedenkstätte eingerichtet. Im Zaun sind Einschusslöcher zu sehen.

    „Bis jetzt kann ich nicht glauben, was geschehen ist“, sagt Omar T. Er und die Freundin des Getöteten, die anonym bleiben will, deren Personalien der taz aber bekannt sind, hätten die Polizei eigentlich gerufen, weil sich Touray in einem psychischen Ausnahmezustand befunden habe, erinnert sich T. „Wir wollten ihm helfen“, sagt Tourays Freundin, die nicht in Nienburg lebt, am Telefon.

    Seit mehreren Tagen sei es Touray schlecht gegangen, erzählt sie. Erst vor Kurzem habe er eine Kündigung erhalten. Und am 28. März wurde er im Regionalzug Metronom ohne Ticket kontrolliert. Die Bundespolizei nahm ihn in Hamburg-Harburg wegen Fahrens ohne Fahrschein, Bedrohung, tätlichen Angriffs und Widerstands in Gewahrsam. Dabei soll er drei Polizisten verletzt haben. Das Amtsgericht Hamburg prüfte einen Haftbefehl und stellte fest, es liege keine Fluchtgefahr vor.
    Von Notrufnummer zu Notrufnummer
    Die Freundin des Getöteten

    „Statt ihm zu helfen, haben sie ihn wie ein Tier im Wald erschossen“

    Mit Schürfwunden und entstellt sei er danach bei ihr angekommen, erinnert sich seine Freundin. Er habe neben sich gestanden und wirre Dinge geredet, erzählt sie. Um zur Ruhe zu kommen, fuhr Touray am Freitag zu seiner Wohnung in Nien­burg. Nachdem er nicht auf Anrufe reagiert habe, sei sie am Freitagabend zu ihm gefahren. Er habe keine Hilfe gewollt, erzählt die Freundin. Aus Sorge, dass dessen psychischer Zustand eine Gefahr für ihn selbst sein könnte, wählte sie den Notruf.

    Mit vor Wut bebender Stimme erinnert sie sich, dass man sie nur von Notrufnummer zu Notrufnummer verwiesen habe. Schließlich sei ein Rettungswagen eingetroffen. Die Sa­ni­tä­te­r*in­nen hätten gesagt, unter den von ihr geschilderten Umständen müsse die Polizei den Einsatz unterstützen, die habe aber zu tun und so lange könnten sie nicht warten.

    Die Sa­ni­tä­te­r*in­nen seien wieder weggefahren. Eine ganze Weile später sei eine Streife eingetroffen. Touray habe auf mehrfaches Klingeln hin die Tür nicht geöffnet, daraufhin habe die Polizei gesagt, man werde am Morgen wiederkommen.

    Am nächsten Tag habe sie selbst nach ihm sehen wollen, erzählt Tourays Freundin. Gemeinsam mit Omar T. fuhr sie zur Wohnung. Touray habe erneut keine Hilfe gewollt und weiterhin wirre Dinge geredet. Sie habe vor der Tür eine Zigarette geraucht, als Touray herausgekommen sei und sie und Omar T. beleidigt habe. Anders als von der Polizei später dargestellt, habe er sie nicht mit einem Messer bedroht, sagen die Frau und auch Omar T. unabhängig voneinander.

    Zahlreiche Medien übernahmen die Darstellung der Polizei. Sie habe verzweifelt erneut den Notruf gewählt und um Hilfe gebeten, berichtet die Freundin. Statt eines Krankenwagens kamen mehrere Polizist*innen. Als die eintrafen, zückte der Gambier das Messer. Sie habe ihre Hilfe angeboten und gesagt, sie könne ihn zur Aufgabe bewegen, erinnert sich die Frau.

    Das habe die Polizei nicht zugelassen und angekündigt, einen Polizeihund einzusetzen. Danach habe sie die Schüsse gehört, sagt sie und bricht in Tränen aus. „Statt zu helfen, haben sie ihn wie ein Tier im Wald erschossen“, so Tourays Freundin. Anschließend habe man sie wie eine Verbrecherin behandelt, sie mit auf das Polizeirevier genommen und nicht einmal allein auf die Toilette gelassen. Überprüfen lässt sich das nicht.

    Nackte Leiche ohne Sichtschutz

    Vor Ort sei die Spurensicherung tätig gewesen, erzählt eine Nachbarin, die sichtlich geschockt ist und anonym bleiben will. Stundenlang habe die nackte Leiche ohne Sichtschutz auf der Terrasse gelegen. Ihre Kinder hätten die Szenerie gesehen und seien zutiefst verstört. „Mit Menschenwürde oder auch nur Respekt vor Toten hatte das nichts zu tun“, sagt die Nachbarin.

    Die Mutter von Touray ist nun nach Deutschland gereist, um ihren Sohn abzuholen. „Ich wünsche mir nichts als Gerechtigkeit“, sagt Tourays Freundin. Das Geschehen habe sie geschockt, denn sie hätten eine harmonische Beziehung geführt. Sie will sich anwaltliche Unterstützung suchen, um den Fall aufzuklären.

    Auch Omar T. wünscht sich eine gründliche Untersuchung, denn die Polizei habe unprofessionell agiert. Gemeinsam mit Ak­ti­vis­t*in­nen aus der gambischen Community denken sie über eine Demonstration nach.

    Immer wieder erschießen Po­li­zis­t*in­nen Menschen in psychischen Ausnahmezuständen. Der „Tagesschau“ sagte der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes, drei Viertel der durch Polizeikugeln Getöteten der vergangenen Jahre seien psychisch krank gewesen. Oft landen die Ermittlungen bei den Akten und es heißt, es habe keine andere Möglichkeit als zu schießen gegeben.

    Die Staatsanwaltschaft Verden erklärte, die Ermittlungen dauerten an. Ob Rechtfertigungsgründe für den Schusswaffeneinsatz vorlägen, könne erst nach Abschluss eingeschätzt werden.

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    https://www.finanzwende.de

    Über Jahrzehnte hat sich die Finanzindustrie immer mehr Einfluss erkauft. Gleichzeitig weichen ihre kurzfristigen Profitinteressen zunehmend von gesamtgesellschaftlichen Zielen ab. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, rufen wir dazu auf, eine Finanzwende einzuleiten. Schließen Sie sich uns an!

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